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Widerruf Onlinefahrzeugkaufvertrag

Ein Mann kauft online zwei Luxus-Autos für über 100.000 Euro, doch der Traum vom Fahrspaß platzt jäh. Er will vom Kauf zurücktreten, aber der Autohändler legt ihm Steine in den Weg. Jetzt muss das Gericht entscheiden: Darf der Käufer die Autos einfach zurückgeben oder hat er sich zu früh gefreut?

➔ Zum vorliegenden Urteil Az.: 17 O 56/23Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Hilfe anfordern


✔ Der Fall: Kurz und knapp

  • Das Gericht entschied, dass die Klage des Käufers abgewiesen wird.
  • Dem Käufer wurden Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
  • Der Kläger hatte zwei Neuwagen über die Website der Beklagten gekauft und die Fahrzeuge mussten individuell konfiguriert werden.
  • Schwierigkeiten ergaben sich bei der Rückerstattung der Anzahlung, die auf der Website als nicht rückerstattbar angegeben war.
  • Im Kleingedruckten der Website stand jedoch, dass Rückerstattungen bei gesetzlichen Widerrufs- und Rücktrittsrechten möglich sind.
  • Der Kläger wollte die Verträge widerrufen, die Beklagte argumentierte, dass durch die individuellen Fahrzeugkonfigurationen ein Widerruf ausgeschlossen sei.
  • Das Gericht entschied gegen den Kläger, weil es der Ansicht war, dass die individuell konfigurierten Fahrzeuge von der Rückgabe ausgeschlossen sind.
  • Das Gericht begründete seine Entscheidung mit dem Hinweis auf die gesetzlichen Ausnahmen beim Widerrufsrecht für maßgeschneiderte Produkte.
  • Durch dieses Urteil wird verdeutlicht, dass individuell konfigurierte Fahrzeuge im Online-Handel nicht ohne Weiteres widerrufen werden können.
  • Verbraucher sollten bei der Bestellung von Fahrzeugen im Internet besonders auf die Bedingungen zum Widerrufsrecht achten.

Kein Kaufreue beim Online-Autokauf: Gericht stärkt Händler-Rechte

In der heutigen Zeit spielt der Online-Handel eine immer größere Rolle. Auch der Kauf von Fahrzeugen über das Internet ist inzwischen weit verbreitet. Dabei stellen sich jedoch nicht selten rechtliche Fragen, etwa wenn Käufer ihre Entscheidung rückgängig machen möchten. Das Widerrufsrecht ist hierbei ein zentrales Thema. Dieses soll Verbrauchern die Möglichkeit geben, einen Online-Kaufvertrag binnen einer bestimmten Frist zu widerrufen und die Ware zurückzugeben, ohne dafür Gründe angeben zu müssen. Allerdings gibt es bei dieser Thematik einige Besonderheiten zu beachten. Im Folgenden soll daher ein Gerichtsurteil erläutert werden, das sich mit den Voraussetzungen und Grenzen des Widerrufsrechts beim Online-Fahrzeugkauf befasst.

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Sie haben ein Fahrzeug online gekauft und sind unsicher, ob Sie den Vertrag widerrufen können? Die rechtlichen Rahmenbedingungen können verwirrend sein und führen häufig zu Unsicherheit und Stress. Mit unserer langjährigen Erfahrung im Verbraucherrecht und speziell im Widerrufsrecht bei Online-Käufen stehen wir Ihnen zur Seite. Nutzen Sie die Möglichkeit einer unverbindlichen Ersteinschätzung, um Klarheit über Ihre Rechte zu gewinnen und eine fundierte Entscheidung zu treffen. Kontaktieren Sie uns jetzt – dieser Schritt könnte entscheidend für die erfolgreiche Bewältigung Ihrer rechtlichen Herausforderungen sein!

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✔ Der Fall vor dem Landgericht Berlin


LG Berlin: Kein wirksamer Widerruf bei Online-Fahrzeugkauf wegen fehlender Telefonnummer in Widerrufsbelehrung

In einem aktuellen Fall hatte das Landgericht Berlin über die Wirksamkeit eines Widerrufs bei einem Online-Fahrzeugkauf zu entscheiden. Der Kläger hatte über die Website der Beklagten zwei Neuwagen zum Gesamtpreis von 118.640 € bestellt. Nach Erhalt der Fahrzeuge widerrief er den Kaufvertrag und begehrte die Rückzahlung des Kaufpreises. Er meinte, die Widerrufsfrist habe noch nicht zu laufen begonnen, da in der Widerrufsbelehrung keine Telefonnummer angegeben war.

Angabe einer Telefonnummer in Widerrufsbelehrung nicht zwingend erforderlich

Das LG Berlin wies die Klage jedoch ab. Es entschied, dass die 14-tägige Widerrufsfrist bei Erklärung des Widerrufs bereits abgelaufen war. Die Angabe einer Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung sei nicht zwingend erforderlich gewesen. Zwar genüge die verwendete Belehrung nicht der Muster-Widerrufsbelehrung. Doch müsse ein Unternehmer nur dann eine Telefonnummer angeben, wenn er einem Durchschnittsverbraucher suggeriere, diese Nummer für seine Kontakte mit Verbrauchern zu nutzen.

Widerrufsbelehrung ermöglichte effektive Kommunikation zur Ausübung des Widerrufsrechts

Dies war vorliegend nicht der Fall. Der reguläre Verkaufsprozess der Beklagten sah eine rein telefonische Entgegennahme von Bestellungen nicht vor. Auf der Website fanden sich zwar Telefonnummern, diese suggerierten einem Durchschnittsverbraucher aber nicht, dass hierüber Fernabsatzgeschäfte geschlossen werden. Entscheidend war, dass die Widerrufsbelehrung eine effektive Kommunikation zur Ausübung des Widerrufsrechts ermöglichte, indem eine Postadresse und E-Mail-Adresse angegeben waren.

Urteil stärkt Rechte der Unternehmer

Das Urteil stärkt die Rechte der Unternehmer beim Online-Handel. Sie müssen in ihrer Widerrufsbelehrung nicht zwingend eine Telefonnummer angeben, wenn ihr Geschäftsmodell üblicherweise keine telefonischen Bestellungen vorsieht. Entscheidend ist, dass den Verbrauchern effektive und rechtssichere Kommunikationskanäle zur Verfügung stehen, um ihr Widerrufsrecht auszuüben. Dies war hier durch Angabe einer Postadresse und E-Mail-Adresse gewährleistet. Der verspätete Widerruf des Klägers war daher nicht mehr wirksam.

✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall


Die Entscheidung zeigt, dass für einen wirksamen Widerruf bei Online-Käufen nicht zwingend eine Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung erforderlich ist. Maßgeblich ist vielmehr, ob dem Verbraucher effektive und rechtssichere Kommunikationswege zur Verfügung stehen, um sein Widerrufsrecht auszuüben. Das Urteil stärkt insofern die Rechte von Online-Händlern und schafft Rechtssicherheit bezüglich der Anforderungen an Widerrufsbelehrungen. Es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an, ob die Angabe einer Telefonnummer erforderlich ist.


✔ FAQ – Häufige Fragen

Das Thema: Widerrufsrecht beim Online-Fahrzeugkauf wirft bei vielen Lesern Fragen auf. Unsere FAQ-Sektion bietet Ihnen wertvolle Insights und Hintergrundinformationen, um Ihr Verständnis für dieses Thema zu vertiefen. Weiterhin finden Sie in der Folge einige der Rechtsgrundlagen, die für dieses Urteil wichtig waren.


Wie lange habe ich Zeit, um den Kaufvertrag eines Fahrzeugs, das ich online gekauft habe, zu widerrufen?

Beim Online-Kauf eines Fahrzeugs haben Verbraucher in Deutschland grundsätzlich ein 14-tägiges Widerrufsrecht. Diese Frist beginnt entweder mit dem Erhalt der Ware oder, falls der Verkäufer den Käufer nicht ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht informiert hat, erst mit der nachträglichen Belehrung. In diesem Fall verlängert sich die Widerrufsfrist auf ein Jahr und 14 Tage.

Ein Widerruf muss schriftlich erfolgen, eine Begründung ist nicht erforderlich. Der Käufer muss die Ware zurücksenden und trägt in der Regel die Rücksendekosten, es sei denn, der Verkäufer übernimmt diese freiwillig. Der Verkäufer trägt das Risiko der Rücksendung.

Wurde der Käufer nicht ausreichend über das Widerrufsrecht informiert, reicht ein einfacher Link zu den Vertragsbedingungen auf der Startseite nicht aus. Die Informationspflicht des Händlers gilt als nicht erfüllt, wenn der Hinweis auf das Widerrufsrecht nicht klar und deutlich erfolgt. In diesem Fall verlängert sich die Widerrufsfrist auf ein Jahr und 14 Tage.

Ein Beispiel: Ein Verbraucher kauft ein Auto online und erhält es am 1. Juni. Der Verkäufer hat den Käufer nicht ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht informiert. Der Verbraucher hat nun bis zum 15. Juni des folgenden Jahres Zeit, den Kaufvertrag zu widerrufen.


Was muss in einer Widerrufsbelehrung enthalten sein, damit sie wirksam ist?

Eine Widerrufsbelehrung muss bestimmte gesetzliche Anforderungen erfüllen, um wirksam zu sein. Diese Anforderungen sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) festgelegt.

Zunächst muss die Widerrufsbelehrung den Verbraucher klar und verständlich über sein Widerrufsrecht informieren. Dies umfasst die Widerrufsfrist, die in der Regel 14 Tage beträgt. Diese Frist beginnt bei Fernabsatzverträgen, wie dem Onlinekauf eines Fahrzeugs, mit dem Erhalt der Ware. Wurde der Verbraucher nicht ordnungsgemäß belehrt, verlängert sich die Frist auf ein Jahr und 14 Tage.

Die Belehrung muss den Verbraucher darüber informieren, dass der Widerruf ohne Angabe von Gründen erfolgen kann. Es muss auch klar sein, dass der Widerruf in Textform erfolgen kann, also per Brief, E-Mail oder Fax. Eine mündliche Erklärung reicht nicht aus.

Wichtig ist auch die Angabe der Adresse, an die der Widerruf zu richten ist. Dies umfasst den Namen und die Anschrift des Unternehmens sowie gegebenenfalls weitere Kontaktdaten wie Telefonnummer und E-Mail-Adresse.

Die Belehrung muss den Verbraucher über die Folgen des Widerrufs informieren. Dies beinhaltet die Verpflichtung des Verkäufers, alle erhaltenen Zahlungen, einschließlich der Lieferkosten, innerhalb von 14 Tagen nach Eingang des Widerrufs zurückzuzahlen. Der Verkäufer darf für die Rückzahlung dasselbe Zahlungsmittel verwenden, das der Verbraucher bei der ursprünglichen Transaktion eingesetzt hat, es sei denn, es wurde ausdrücklich etwas anderes vereinbart.

Ein Beispiel für eine korrekte Widerrufsbelehrung könnte wie folgt aussehen: Ein Verbraucher kauft ein Auto online und erhält es am 1. Juni. Der Verkäufer hat den Käufer ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehrt. Der Verbraucher hat nun bis zum 15. Juni Zeit, den Kaufvertrag zu widerrufen. Der Widerruf kann per E-Mail an die im Vertrag angegebene Adresse des Verkäufers gesendet werden. Der Verkäufer muss dann den Kaufpreis und die Lieferkosten innerhalb von 14 Tagen zurückerstatten.

Fehlt eine dieser Informationen oder ist die Belehrung unklar, gilt sie als fehlerhaft. In diesem Fall verlängert sich die Widerrufsfrist auf ein Jahr und 14 Tage. Ein Verbraucher, der beispielsweise am 1. Juni ein Auto erhält und nicht ordnungsgemäß belehrt wurde, kann den Vertrag bis zum 15. Juni des folgenden Jahres widerrufen.

Die gesetzlichen Anforderungen an eine Widerrufsbelehrung sind in Art. 246a § 1 Abs. 2 EGBGB und § 355 BGB festgelegt. Diese Vorschriften sollen sicherstellen, dass Verbraucher ihre Rechte kennen und ausüben können.


Muss die Telefonnummer des Verkäufers in der Widerrufsbelehrung angegeben sein?

Die Telefonnummer des Verkäufers muss in der Widerrufsbelehrung angegeben sein, wenn der Verkäufer über eine solche Telefonnummer verfügt und diese auf seiner Website oder in anderen Kontaktinformationen genannt wird. Dies ergibt sich aus mehreren gerichtlichen Entscheidungen, darunter des Oberlandesgerichts Hamm und des Bundesgerichtshofs (BGH).

Der BGH hat entschieden, dass eine Telefonnummer als „verfügbar“ gilt, wenn sie auf der Website des Unternehmers so angegeben ist, dass ein durchschnittlicher Verbraucher davon ausgehen kann, dass diese Telefonnummer für den Kontakt mit dem Unternehmen genutzt wird. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Telefonnummer im Impressum oder unter einer Kontakt-Rubrik auf der Website aufgeführt ist. In solchen Fällen muss die Telefonnummer auch in der Widerrufsbelehrung enthalten sein.

Ein Beispiel: Ein Online-Autohändler gibt auf seiner Website im Impressum und unter „Kontakt“ eine Telefonnummer an. In diesem Fall muss diese Telefonnummer auch in der Widerrufsbelehrung aufgeführt werden. Fehlt die Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung, obwohl sie auf der Website verfügbar ist, stellt dies einen Verstoß gegen die gesetzlichen Informationspflichten dar und kann abgemahnt werden.

Diese Regelung soll sicherstellen, dass Verbraucher alle notwendigen Informationen haben, um ihr Widerrufsrecht auszuüben. Ein Widerruf kann somit auch telefonisch erfolgen, wenn die Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung angegeben ist. Fehlt diese Angabe, obwohl die Telefonnummer verfügbar ist, kann dies die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung beeinträchtigen und die Widerrufsfrist verlängern.


Welche Rechte habe ich, wenn der Verkäufer den Widerruf nicht anerkennt?

Wenn der Verkäufer den Widerruf nicht anerkennt, hat der Verbraucher mehrere Rechte und Möglichkeiten, um seine Ansprüche durchzusetzen. Zunächst sollte der Verbraucher sicherstellen, dass der Widerruf korrekt und fristgerecht erklärt wurde. Ein Widerruf muss eindeutig und innerhalb der 14-tägigen Frist nach Erhalt der Ware erfolgen. Diese Frist beginnt erst, wenn der Verbraucher sowohl die Ware als auch die Widerrufsbelehrung erhalten hat.

Falls der Verkäufer den Widerruf dennoch ablehnt, sollte der Verbraucher zunächst den Verkäufer schriftlich zur Anerkennung des Widerrufs auffordern und eine Frist setzen. Dies kann per E-Mail, Brief oder Fax geschehen. Es ist ratsam, den Widerruf und die Aufforderung zur Anerkennung des Widerrufs zu dokumentieren, um im Streitfall Beweise zu haben.

Wenn der Verkäufer weiterhin nicht reagiert oder den Widerruf ablehnt, kann der Verbraucher sich an die Verbraucherzentrale wenden. Diese bietet Beratung und Unterstützung bei der Durchsetzung von Verbraucherrechten. Die Verbraucherzentrale kann auch helfen, den Fall außergerichtlich zu klären.

Sollte auch dies nicht zum Erfolg führen, hat der Verbraucher die Möglichkeit, rechtliche Schritte einzuleiten. Dies kann durch die Einschaltung eines Anwalts geschehen, der auf Verbraucherrecht spezialisiert ist. Der Anwalt kann den Verkäufer zur Anerkennung des Widerrufs auffordern und gegebenenfalls eine Klage einreichen.

Ein Beispiel: Ein Verbraucher kauft ein Auto online und widerruft den Kaufvertrag innerhalb der 14-tägigen Frist per E-Mail. Der Verkäufer lehnt den Widerruf ab und verweist auf angebliche Mängel in der Widerrufserklärung. Der Verbraucher setzt dem Verkäufer schriftlich eine Frist zur Anerkennung des Widerrufs und wendet sich parallel an die Verbraucherzentrale. Da der Verkäufer weiterhin nicht reagiert, beauftragt der Verbraucher einen Anwalt, der den Verkäufer zur Anerkennung des Widerrufs auffordert und schließlich Klage einreicht.

Die rechtlichen Grundlagen für den Widerruf sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Insbesondere § 355 BGB beschreibt das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen. Verbraucher haben das Recht, innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen den Vertrag zu widerrufen. Der Verkäufer ist verpflichtet, den Kaufpreis und die Lieferkosten innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt des Widerrufs zurückzuerstatten.

Sollte der Verkäufer den Widerruf nicht anerkennen, kann der Verbraucher auch die Schlichtungsstelle für Online-Streitigkeiten der Europäischen Kommission nutzen. Diese bietet eine Plattform zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Online-Händlern.

In jedem Fall ist es wichtig, dass der Verbraucher seine Rechte kennt und diese konsequent durchsetzt. Die Unterstützung durch Verbraucherzentralen und Anwälte kann dabei helfen, die eigenen Ansprüche erfolgreich geltend zu machen.


Kann ich den Widerruf des Online-Fahrzeugkaufs auch per E-Mail oder Post vornehmen?

Der Widerruf eines Online-Fahrzeugkaufs kann sowohl per E-Mail als auch per Post erfolgen. Dies ist gesetzlich zulässig und entspricht den Anforderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Ein Widerruf muss schriftlich erklärt werden, was bedeutet, dass er in Textform erfolgen muss. Textform umfasst E-Mail, Fax und Brief.

Gemäß § 355 BGB ist keine besondere Form vorgeschrieben, solange der Widerruf in Textform erfolgt. Der Verbraucher muss den Widerruf eindeutig erklären, eine Begründung ist nicht erforderlich. Wichtig ist, dass der Widerruf innerhalb der 14-tägigen Frist nach Erhalt der Ware oder der Widerrufsbelehrung erfolgt. Sollte der Verkäufer den Verbraucher nicht ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht informiert haben, verlängert sich die Frist auf ein Jahr und 14 Tage.

Ein Beispiel: Ein Verbraucher kauft ein Auto online und erhält es am 1. Juni. Er entscheidet sich, den Kauf zu widerrufen, und sendet am 10. Juni eine E-Mail an den Verkäufer, in der er den Widerruf erklärt. Diese E-Mail erfüllt die gesetzlichen Anforderungen an die Textform und ist somit ein wirksamer Widerruf.

Die rechtlichen Grundlagen für den Widerruf sind in § 355 BGB und § 356 BGB festgelegt. Diese Vorschriften stellen sicher, dass Verbraucher ihre Rechte einfach und ohne unnötige Hürden ausüben können. Ein Widerruf per E-Mail oder Post ist daher eine zulässige und wirksame Methode, um den Kaufvertrag zu widerrufen.


§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils


  • § 312g BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Regelt das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen, darunter auch Online-Käufe. Verbraucher haben das Recht, den Vertrag innerhalb von 14 Tagen zu widerrufen, was hier entscheidend ist, da der Kläger den Kaufvertrag online abgeschlossen hat.
  • Art. 246a § 1 EGBGB: Legt die Anforderungen an die Widerrufsbelehrung fest. Die Information muss klar und verständlich sein und die Belehrung über das Bestehen eines Widerrufsrechts beinhalten. Die fehlerhafte oder unvollständige Widerrufsbelehrung kann den Widerrufszeitraum verlängern.
  • § 355 BGB: Bestimmt die Ausübung des Widerrufsrechts. Verbraucher müssen den Widerruf ausdrücklich erklären, zum Beispiel durch einen Brief, Fax oder E-Mail. Eine fehlende Telefonnummer in der Belehrung könnte diese unwirksam machen, was die Gültigkeit des Widerrufs beeinflusst.
  • § 312d BGB: Definiert die Frist für den Widerruf. Diese beginnt in der Regel mit dem Erhalt der Ware und beträgt 14 Tage. Im vorliegenden Fall wichtig zur Beurteilung, ob der Widerruf rechtzeitig war.
  • § 357 BGB: Beschreibt die Folgen eines Widerrufs, inklusive der Rückerstattung von Zahlungen und der Rücksendung von Waren. Dies ist relevant, um zu verstehen, welche Rechte der Kläger nach einem Widerruf gehabt hätte.
  • § 13 BGB: Definiert den Begriff des Verbrauchers. Der Kläger wird als Verbraucher angesehen, da er die Fahrzeuge zu privaten Zwecken erworben hat.
  • § 5 TMG (Telemediengesetz): Betrifft die Informationspflichten auf Websites, einschließlich der Angabe einer Telefonnummer. Diese Vorschrift ist relevant, weil die Angabe einer Telefonnummer im Impressum gefordert wird, aber hier fehlte.
  • Europäische Verbraucherrechte-Richtlinie (2011/83/EU): Harmonisiert die Vorschriften zum Widerrufsrecht innerhalb der EU und legt fest, dass Verbraucher über ihr Widerrufsrecht klar informiert werden müssen. Dies beeinflusst die Auslegung nationaler Regeln wie im § 312g BGB.


⇓ Das vorliegende Urteil vom Landgericht Berlin

LG Berlin – Az.: 17 O 56/23 – Urteil vom 12.01.2023

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 118.640,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger macht gegenüber der Beklagten Ansprüche nach Widerruf eines Kaufvertrages über zwei Neuwagen geltend.

Über die Website der Beklagten kaufte der Kläger als Verbraucher am 20.04.2022 und am 09.08.2022 zwei PKW Model … mit den Bestellnummern RN … und RN … zum Gesamtpreis von 118.640,00 €.

Im Rahmen des Bestellvorgangs traf der Kläger eine Auswahl an Fahrzeugspezifikationen. Die getroffene Auswahl des Klägers betraf die Art des Antriebs (Hinterrad-, Allradantrieb), die Motorisierung des Fahrzeugs, die Farbwahl der Lackierung und der Innenansicht, die Art der Felgen, des Autopiloten und weitere Sonderausstattung (insb. Anhängerkupplung).

Mit Vertragsschluss war eine Anzahlung von je 250,00 € geschuldet. Der Restkaufpreis war vor Fahrzeugauslieferung zu zahlen. Bezüglich der Anzahlung stand im Kleingedruckten der Website, dass es sich um eine nicht rückerstattbare Bestellgebühr handele. Ein Rückerstattungsanspruch bestehe jedoch beim Vorliegen von gesetzlichen Widerrufs- und Rücktrittsrechten. Zur Veranschaulichung des Vorstehenden wird auf die in der Klageschrift eingefügten Bildschirmfotos verwiesen.

Die dem Kläger im Rahmen des Verkaufsvorgangs übersandte Widerrufsbelehrung der Beklagten enthielt folgenden Passus: „Um Ihr Widerrufsrecht auszuüben, müssen Sie uns (T. G. GmbH, L.-P.-Straße … – …, … B., ….com) mittels einer eindeutigen Erklärung (z.B. ein mit der Post versandter Brief, Telefax oder E-Mail) über Ihren Entschluss, diesen Vertrag zu widerrufen, informieren. Sie können dafür das beigefügte Muster-Widerrufsformular verwenden, das jedoch nicht vorgeschrieben ist.“ Eine Telefonnummer war nicht angegeben.

Auf der Webseite der Beklagten befand sich zu diesem Zeitpunkt im unteren Teil ein Link mit der Beschriftung „K.“. Nach dem Betätigen dieses Links wurde unter der Überschrift „T. S. u. P.“ eine Telefonnummer der Beklagten angegeben; unter der Überschrift „V. und S.“ stand: „Besuchen Sie unsere Seite Uns finden, um einen T.-Store in Ihrer Nähe ausfindig zu machen.“ Im Impressum der Website war eine Telefonnummer der Beklagten als verantwortlicher Diensteanbieterin gemäß § 5 TMG angegeben. Die auf der Website befindliche Auflistung der „T. Stores“ in Deutschland gab für jeden „Store“ verschiedene Telefonnummern aufgeteilt nach „Store“, „T.-Support“ und „Service“ an. Zur Veranschaulichung des Vorstehenden wird auf die in der Klageschrift eingefügten Bildschirmfotos verwiesen.

Der reguläre Verkaufsprozess der Beklagten sieht eine rein telefonische Entgegennahme von Bestellungen nicht vor. Seit dem 4. Quartal 2022 hält die Beklagte eine zentrale Telefonnummer für ihre Kundenkontakte vor. Einzelne Stores verfügen gegebenenfalls noch über einen eigenen Telefonanschluss.

Vor Abholung der Fahrzeuge leistete der Kläger den restlichen Kaufpreis. Der Kläger erhielt das Fahrzeug mit der Fahrzeugidentifikationsnummer … am 24. Dezember 2022. Das Fahrzeug mit der Fahrzeugidentifikationsnummer … erhielt er ebenfalls an diesem Tag. Er ließ die Fahrzeuge zu und nutzt diese bis heute.

Am 25.02.2023 widerrief der Kläger den Kaufvertrag gegenüber der Beklagten per E-Mail.

Mit Anwaltsschreiben vom 15.03.2023 forderte der Kläger die Beklagte vergeblich zur Erstattung des Kaufpreises bis zum 22.03.2023 auf.

Mit seiner der Beklagten am 12.05.2023 zugestellten Klage begehrt der Kläger die Rückzahlung des Kaufpreises. Er meint, er habe den streitgegenständlichen Kaufvertrag wirksam widerrufen, weil die Widerrufsfrist mangels Angabe einer Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung bzw. irreführender Angaben bezüglich der Rückerstattung der Anzahlung nicht zu laufen begonnen habe. Er behauptet unter Zeugenbeweisantritt, dass die Beklagte mitunter auch Bestellungen bzw. Änderungen von Bestellungen telefonisch entgegen genommen habe. Der Kläger ist ferner der Auffassung, die Beklagte befände sich im Annahmeverzug. Hierzu behauptet er unter Zeugenbeweisantritt, am 09.03.2023 einen vergeblichen Rückgabeversuch am Standort der Beklagten in K. M. durchgeführt zu haben. Auch habe er einen Boten mit der Rückgabe am 29.07.2023 beauftragt, dem ebenfalls die Rückgabe durch die Beklagte verweigert worden sei.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 118.640,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14. März 2023 zu zahlen;

2. hilfsweise:

a. Die Beklagte zu verurteilen, an ihn 118.640,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14. März 2023 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung der Fahrzeuge mit den FIN … und … zu zahlen;

b. Festzustellen, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug in Bezug auf die Rückgabe und Rückübereignung der Fahrzeuge mit den FIN … und … befindet;

3. höchst hilfsweise: Die Beklagte zu verurteilen, an ihn 118.640,00 € € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14. März 2023 nach erfolgter Übergabe und Übereignung der Fahrzeuge mit den FIN … und … zu zahlen;

4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 2.700,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte kann nicht ausschließen, dass einzelne Mitarbeiter in einzelnen Fällen telefonische Bestellungen entgegen genommen haben. Die Beklagte meint, die Rückgabeversuche seien nicht ordnungsgemäß erfolgt, weil sie insbesondere nicht angekündigt wurden. Dies sei aber wegen der erforderlichen Untersuchung des PKW notwendig. Die Beklagte ist ferner der Auffassung, dass ihr ein Anspruch auf Wertersatz wegen der vom Kläger gezogenen Nutzungen in Höhe von mindestens 42.040,00 € zustünde.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der klageweise geltend gemachte Zahlungsanspruch resultiert aus keiner denkbaren Anspruchsgrundlage insbesondere nicht aus § 357 Abs. 1 BGB. Danach sind die empfangenen Leistungen spätestens 14 Tage nach Erklärung eines wirksamen Widerrufs eines im Wege des Fernabsatzes geschlossenen Vertrages zurückzugewähren. Der Kläger hat die im Wege des Fernabsatzes (§ 312c BGB) geschlossenen Kaufverträge über die streitgegenständlichen Fahrzeuge nicht wirksam nach §§ 312g Abs. 1, 355 BGB widerrufen, weil die 14-tägige Widerrufsfrist (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB) zum Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs bereits abgelaufen war. Gemäß §§ 355 Abs. 2, 356 Abs. 2 Nr. 1 a) BGB beträgt die Widerrufsfrist 14 Tage und beginnt mit der Übergabe der Ware an den Verbraucher. Diese Frist war zum Zeitpunkt des Widerrufs am 25.02.2023 abgelaufen, weil der Kläger die Fahrzeuge am 24. Dezember 2022 erhalten hat.

Soweit der Kläger meint, die Widerrufsfrist habe im vorliegenden Fall bei Erklärung des Widerrufs noch nicht zu laufen begonnen, weil die ihm erteilte Widerrufsbelehrung fehlerhaft gewesen sei (§ 356 Abs. 3 S. 1 BGB), ist ihm nicht zu folgen. Der Unternehmer muss den Verbraucher gemäß den Anforderungen des § 356 Absatz 3 S. 1 BGB, Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB über die Bedingungen, Fristen und das Verfahren für die Ausübung seines Widerrufsrechts unterrichten. Dabei kann sich die Beklagte vorliegend zwar nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB berufen, weil sie bei ihrer Belehrung eine von der Musterwiderrufsbelehrung abweichende Formulierung gewählt hat. Bereits kleinste Veränderungen sind insoweit schädlich (BGH NJW 2023, 1964 Rn. 26 ff., beck-online). Doch ist die Verwendung der Musterwiderrufsbelehrung nicht verpflichtend (BGH aaO). Die von der Beklagten verwendete „individuelle“ Widerrufsbelehrung genügt den in § 356 Abs. 3 S. 1 BGB, Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB geregelten Anforderungen. Die Beklagte hat den Kläger ordnungsgemäß über die Bedingungen, Fristen und das Verfahren für die Ausübung seines Widerrufsrechts belehrt. Die Angabe einer Telefonnummer war dabei nicht erforderlich.

Zur Angabe der Telefonnummer hat der EuGH in der Rechtssache ….de entschieden, dass ein Unternehmer, der über eine Website einen Vertrag mit einem Verbraucher schließt und dafür kein Telefon benutzt, obgleich er für die Gestaltung anderer Aspekte der Tätigkeit seines Unternehmens über einen Telefonanschluss verfügt, grundsätzlich nicht dazu verpflichtet ist, dem Verbraucher die Nummer dieses Anschlusses im Rahmen der allgemeinen Informationspflichten gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2011/83 a. F. (= Art. 246a § 1 Abs. 1 EGBGB a. F.) und auch nicht in der Musterwiderrufsbelehrung (Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB a. F. = Art 6 Abs. 4 Richtlinie 2011/83 a. F.) anzugeben. Wenn jedoch die Telefonnummer des Unternehmers dergestalt auf seiner Website zu finden ist, dass einem Durchschnittsverbraucher suggeriert wird, dass der Unternehmer diese Nummer für seine Kontakte mit Verbrauchern nutzt, muss sie als allgemeine Kontaktinformation gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2011/83 a. F. (= Art. 246a § 1 Abs. 1 EGBGB a. F.) und nach Auffassung des EuGH auch in der Musterwiderrufsbelehrung (a. F.) angegeben werden. Den vorgenannten Eindruck gegenüber Durchschnittsverbrauchern erweckt der Unternehmer jedenfalls dann, wenn die Telefonnummer auf der Website unter einer mit „K.“ bezeichneten Rubrik angegeben wird (EuGH Urt. v. 14.5.2020 – C-266/19, GRUR-RS 2020, 8821 Rn. 36 ff., beck-online im Anschluss an EuGH, Urteil vom 10.7.2019 – C-649/17 – A.). Als Reaktion auf die beiden vorzitierten EuGH-Entscheidungen in den Rechtssachen A. und ….de haben der deutsche und europäische Gesetzgeber sowohl die allgemeinen Informationspflichten als auch die Muster-Widerrufsbelehrung geändert und dabei in beiden Fällen eine unbedingte Angabepflicht hinsichtlich der Telefonnummer zum 28.05.2022 eingeführt. Gleichzeitig wurde die Pflicht zur Angabe einer verfügbaren Faxnummer in der Musterwiderrufsbelehrung auf Grund des technischen Fortschritts abgeschafft. Die allgemeinen Anforderungen an die Inhalte der Widerrufsbelehrung in Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB bzw. Art. 6 Abs. 1 Buchst. h Richtlinie 2011/83 blieben hingegen unverändert (zu alledem Schmidt-Kessel, ZIP 2024, 1, 6).

Vor diesem Hintergrund hält das erkennende Gericht eine ausnahmslos zwingende Angabe der Telefonnummer bei Widerrufsbelehrungen ohne Zuhilfenahme des Musters (so wohl, wenn auch nicht ganz nachvollziehbar, BeckOK IT-Recht/Föhlisch EGBGB Art. 246a § 1 Rn. 63-67) für methodisch nicht begründbar. Sowohl die Historie der Vorschrift als auch ihre Systematik und ihr Sinn und Zweck gebieten es nicht, dass Unternehmer zwingend eine Telefonnummer zur Entgegennahme von Widerrufserklärungen in der Widerrufsbelehrung angeben müssen.

Die bereits dargestellte Gesetzesentwicklung und ihre Systematik sprechen gegen die Pflicht zur Angabe einer Telefonnummer (so u.a. auch LG Münster, Urteil vom 14.09.2023, Az. 02 O 101/23; LG Berlin, Urteil vom 31.10.2023, Az. 38 O 111/23, Urteil vom 30.11.2023, Az. 28 O 89/23; LG Heidelberg, Urteil vom 27.12.2023, Az. 3 O 159/23; LG Berlin, Urteil vom 22.12.2023, 1 O 29/23). Während der deutsche und europäische Gesetzgeber die Telefonnummer im Rahmen der allgemeinen Informationspflichten nach Art. 246a § 1 Abs. 1 EGBGB (= Art 6 Abs. 1 Buchst. c Richtlinie 2011/83) nunmehr ausdrücklich verlangen, ist dies im Rahmen der Widerrufsbelehrung nach Art. 246a § 1 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB (= Art 6 Abs. 1 Buchst. h Richtlinie 2011/83) auch nach der Gesetzesreform nicht der Fall. Dagegen verlangt der Gesetzgeber für die Widerrufsbelehrung in anderen Kontexten ausdrücklich die Angabe bestimmter Kontaktdaten und teilweise zwingend einer Telefonnummer, z.B. bei Verbraucherbauverträgen gem. Art. 249 § 3 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 EGBGB oder bei Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen gem. Art 246b EGBGB. Allein vom Inhalt der Muster-Widerrufsbelehrung kann nicht auf die Anforderungen im Rahmen von Art. 246a § 1 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB bzw. Art. 6 Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie 2011/83 geschlossen werden (Schmidt-Kessel, ZIP 2024, 1, 6).

Der T. von Art. 246a § 1 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB bzw. Art 6 Abs. 1 Buchst. h Richtlinie 2011/83 verpflichtet ebenfalls nicht zur Angabe einer Telefonnummer. Sinn und Zweck der Widerrufsbelehrung ist die Ermöglichung einer effektiven Kommunikation im Hinblick auf das Widerrufsrecht des Verbrauchers (vgl. EuGH, Urteil vom 10.7.2019 – C-649/17 – A., Rn. 41 f.). Deswegen ist eine Widerrufsbelehrung nur dann fehlerhaft, wenn ihre Fassung objektiv geeignet war, den Verbraucher davon abzuhalten, sein Widerrufsrecht auszuüben (MüKoBGB/Fritsche, 9. Aufl. 2022, BGB § 356 Rn. 31 m.w.N.). Um diesem Sinn und Zweck zu genügen, reicht es nach Auffassung des erkennenden Gerichts aus, dass der Unternehmer eindeutige, von seinen konkreten Kunden effektiv nutzbare Kontaktdaten, aber nicht zwingend alle hypothetisch infrage kommenden Kontaktmöglichkeiten in seiner individuell angefertigten Widerrufsbelehrung angibt (vgl. BeckOK BGB/Martens, 67. Ed. 1.8.2023, EGBGB Art. 246a § 1 Rn. 28). Für diesen Maßstab spricht auch der historische Umstand, dass die in der Muster-Widerrufsbelehrung bislang vorgesehene Angabe einer verfügbaren Faxnummer durch den europäischen und deutschen Gesetzgeber zum 28.05.2022 vor dem Hintergrund des technischen Fortschritts abgeschafft worden ist, obgleich es sicherlich noch einzelne Verbraucher gibt, die über ein solches Gerät verfügen.

Auf Grundlage dieser Maßstäbe war die Beklagte nicht gehalten, eine Telefonnummer in ihrer Widerrufsbelehrung anzugeben. Denn durch die Nichtangabe einer Telefonnummer war ihren Kunden nicht die Möglichkeit genommen, ihr Widerrufsrecht effektiv auszuüben (so auch LG Berlin, Urteil vom 31.10.2023, 38 O 111/23; LG Berlin, Urteil vom 22.12.2023, 1 O 29/23). Es ist nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht üblich, PKW per Telefon zu bestellen, da hierfür zahlreiche individuelle Entscheidungen über die Ausstattung desselben getroffen werden müssen. In Anbetracht der wirtschaftlichen Bedeutung des Geschäfts haben beide Seiten zudem ein gewichtiges Interesse an seiner schriftlichen Fixierung. Dementsprechend sieht der reguläre Verkaufsprozess der Beklagten eine rein fernmündliche Bestellung von PKW nicht vor. Die entsprechenden Erwägungen gelten auch für die Widerrufserklärung als actus contrarius. Deshalb raten sämtliche Stimmen in der Literatur einschließlich dem Gesetzgeber von einer mündlichen Widerrufserklärung ab (vgl. nur MüKoBGB/Fritsche BGB § 355 Rn. 47 m.w.N.; BT-Drs. 17/12637, 60). Die mangelnde Relevanz der Mündlichkeit spiegelt sich auch in der Musterwiderrufsbelehrung wider, wo der deutsche und europäische Gesetzgeber als eindeutige Erklärung beispielhaft nur solche in Text- oder Schriftform aufzählen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte ihren Kunden inklusive dem Kläger nur ihre Postadresse und ihre E-Mail-Adresse in der Widerrufsbelehrung benannt hat. Schließlich ermöglichen es diese Kommunikationskanäle den Kunden, jederzeit direkt und effizient mit der Beklagten zu kommunizieren und insbesondere rechtssicher eine Widerrufserklärung abzugeben. Diese Kommunikationsmöglichkeiten hat der Kläger unstreitig problemlos genutzt. So hat er seine Bestellung online getätigt und den Widerruf per E-Mail erklärt.

Selbst wenn man mit einem Teil der Literatur die vorgenannten Maßstäbe des EuGH zur Muster-Widerrufsbelehrung und zu den allgemeinen Informationspflichten auch auf die Widerrufsbelehrung ohne Zuhilfenahme des Musters anlegen möchte (so BeckOGK/Busch EGBGB Art. 246a § 1 Rn. 36), war die Beklagte nicht gehalten, eine Telefonnummer in ihrer Widerrufsbelehrung anzugeben. Demnach wäre bei einer frei formulierten Belehrung die Angabe der Telefonnummer nur dann erforderlich, wenn der Unternehmer unter Angabe dieser Telefonnummer einem Durchschnittsverbraucher suggeriert hat, die Nummer für den Abschluss von Fernabsatzgeschäften zu nutzen (so BeckOGK/Busch, 1.7.2023, EGBGB Art. 246a § 1 Rn. 36). Auch nach dieser Rechtsauffassung war im vorliegenden Fall die Angabe einer Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung nicht erforderlich (so auch LG Berlin, Urteil vom 31.10.2023, 38 O 111/23). Unstreitig sieht der reguläre Verkaufsprozess der Beklagten keinen telefonischen Vertragsschluss vor. Die unter dem Link „K.“ angegebenen Daten der Beklagten suggerierten einem Durchschnittsverbraucher auch nicht, dass die Beklagte PKWs über das Telefon verkaufe. Für Kontaktaufnahmen im Zusammenhang mit dem Verkauf wurden die Kunden über einen Link zu dem jeweiligen „T. Store“ in der Nähe weitergeleitet. Lediglich betreffend t. S. und P. wurde eine Telefonnummer angegeben. Gleiches gilt für die im Impressum angegebene Telefonnummer. Offenkundig dient die dort angegebene Telefonnummer lediglich der Kontaktaufnahme zur Beklagten als verantwortlicher Diensteanbieterin gemäß § 5 TMG und nicht zur Bestellung von PKW. Auch die im Rahmen der Auflistung der „T. Stores“ angegeben Telefonnummern suggerieren einem Durchschnittsverbraucher nicht, dass die Beklagte Fernabsatzgeschäfte über das Telefon schließt. Denn es handelt sich um unterschiedliche Telefonnummern von einzelnen Ladengeschäften, die von Unternehmen gerade zu dem Zweck eingerichtet werden, Verbrauchern den persönlichen Kontakt vor Ort zu ermöglichen. Anders als in dem vom EuGH entschiedenen Fall, wo eine einzelne, als Kontakt angegebene Telefonnummer infrage stand, sind es hier eine Vielzahl von Telefonnummern. Die in Bezug auf das jeweilige Ladengeschäft verwendeten Telefonnummer-Kategorien „Store“, „T.-Support“ und „Service“ deuten auch nicht darauf hin, dass die Beklagte hierüber PKWs verkaufen möchte. Da es auf die Perspektive eines objektiven Durchschnittsverbrauchers ankommt, ist für dieses Ergebnis auch unschädlich, dass die Beklagte nach den substantiierten Darlegungen des Klägers in einzelnen Fällen Bestellungen und Änderungen von Kaufverträgen telefonisch entgegen genommen haben mag. Die Richtigkeit dieses Ergebnisses wird zuletzt dadurch bekräftigt, dass im Streitfall unklar ist, welche konkrete Telefonnummer die Beklagte in der Widerrufsbelehrung hätte angeben müssen. Sie verfügte zum damaligen Zeitpunkt – anders als in dem vom EuGH entschiedenen Fall – nicht über eine einzelne, zentrale Telefonnummer geschweige denn einen speziell für den Abschluss und Widerruf von Fernabsatzverträgen vorgesehenen Telefonanschluss.

Die Widerrufsbelehrung war auch im Übrigen nicht fehlerhaft. Die Beklagte hat im Bestellprozess nicht vorgespiegelt, dass bezüglich der Anzahlung kein Erstattungsanspruch bestehen könnte. Im Gegenteil, sie hat darauf hingewiesen, dass ein Rückerstattungsanspruch bei einem gesetzlichen Widerrufsrecht besteht.

Da der Widerruf des Klägers nach alledem verfristet war, bestehen auch nicht die hilfsweise geltend gemachten Ansprüche auf Rückabwicklung des Kaufvertrages und ebenso wenig die Nebenforderungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

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