Brandenburgisches Oberlandesgericht, Az: 5 U 70/12, Urteil vom 27.03.2014
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 22. Juni 2012 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam, Az. 1 O 368/10, abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 8.742,70 €
Gründe
Die Klägerin begehrt Rückabwicklung eines im Dezember 2009 geschlossenen Kaufvertrages über einen Neuwagen des Herstellers Dacia, Typ Sandero, wegen zu hohen Kraftstoffverbrauchs sowie Schadensersatz wegen des hierauf beruhenden Kraftstoffmehrverbrauchs. Wegen der Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen, die wie folgt zu ergänzen sind:
Nach Fristsetzung zur Mangelbeseitigung wegen überhöhten Kraftstoffverbrauchs erklärte die Klägerin mit der Klageschrift den Rücktritt vom Kaufvertrag. Es ist unstreitig, dass mit der Auslieferung des Fahrzeugs am 6. Januar 2010 die EG-Übereinstimmungsbescheinigung (Anlage K 5) übergeben wurde. Schon vor Vertragsschluss hatte die Klägerin sich über die Herstellerangaben der Fa. Dacia vom Verbrauch des Modells Sandero erkundigt; ein Prospekt lag im Rahmen des Verkaufsgesprächs vor. Ein Datenblatt der Fa. Dacia zum Modell Sandero (Anlage K 6) enthält zum Verbrauch folgende Angaben:
„Verbrauch städtisch/außerstädtisch/kombiniert (l/100 km)** 7,6/4,9/5,9
(…)
** Die angegebenen Werte wurden nach den vorgeschriebenen Messverfahren RL (EG) 801268 (Euro 4) bzw. VO (EG) 715/2007 (Euro 5) in der jeweils gegenwärtig geltenden Fassung und ohne Zusatzausstattung ermittelt. Die Werte dienen allein Vergleichszwecken und beziehen sich weder auf ein einzelnes konkretes Fahrzeug noch sind sie Bestandteil des Angebots. Weitere Informationen zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und den offiziellen spezifischen (…) können dem „Leitfaden über den Kraftstoffverbrauch (…)“ entnommen werden, der bei allen Renault Partnern und bei der (…) DAT erhältlich ist. Der Leitfaden steht außerdem als Download zur Verfügung.“
Ein S. 1 und 2 des vorstehenden **-Zusatzes im Wesentlichen wortgleicher Zusatz findet sich in den Verbrauchsangaben des Dacia-Prospektes.
Die Klägerin hat vorgetragen, der endgültige Kaufentschluss sei gefallen, nachdem der Verkäufer, der Zeuge T…, die angeblich günstigen Verbrauchsdaten mitteilte. Sie habe auch Einsicht in die übrigen Verbrauchsdaten, kombiniert und städtisch, genommen. Der Verkäufer T… habe in dem Verkaufsgespräch mündlich genau die Verkaufsdaten angegeben, die sich aus den Herstellerangaben ergeben. Die Klägerin habe den Verkäufer mit den privat recherchierten Verbrauchsdaten konfrontiert, er habe darauf versichert, dass diese Verbrauchsdaten, die auch an der Frontscheibe des Fahrzeugs angebracht waren, zutreffend seien, den Publikationen der Beklagten und der Fa. Dacia entsprächen und man sich darauf verlassen könne. In Bezug auf den von der Klägerin erläuterten Bedarf habe er im Hinblick auf die Verbrauchsdaten, 4,9 l außerorts, erklärt, das Fahrzeug wäre mit diesem Verbrauch genau das Richtige für die Klägerin, insbesondere zu diesem Preis. Die Verbrauchsdaten der vorgehaltenen Prospekte seien erörtert worden und der Verkäufer habe diese Verbrauchswerte bestätigt sowie darauf hingewiesen, dass diese Werte auch an den Beschreibungsschildern der Kraftfahrzeuge hingen. Es ist unstreitig, dass der Verkäufer nicht darauf hinwies, dass es sich um Laborwerte handelt, die in der Fahrpraxis kaum zu erzielen sind.
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Zeugenvernehmung zu einer Beschaffenheitsvereinbarung und Einholung eines Sachverständigengutachtens zum tatsächlichen außerörtlichen Kraftstoffverbrauch des Pkw und die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin sei gemäß §§ 437 Nr. 3, 434, 323, 346 BGB wirksam zurückgetreten, da der vereinbarte Verbrauch von 4,9 l/100 km außerorts mit 6,59 l/100 km beträchtlich überschritten werde. Die Parteien hätten nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme mündlich eine Beschaffenheitsvereinbarung bezüglich des Verbrauchs getroffen. Der Zeuge W… habe glaubhaft bekundet, dass der Verkäufer bestätigt habe, das Fahrzeug habe einen sehr günstigen Verbrauch und verbrauche nur minimal mehr als der bisher gehaltene Pkw; der Zeuge habe sich auch an Übersichten über die Verbrauchswerte erinnern können. Demgegenüber bestünden Zweifel an der Aussage des Zeugen T…, der sich an bestimmte Einzelheiten nicht mehr habe erinnern können. Daneben bestehe ein Schadensersatzanspruch gemäß §§ 437 Nr. 2, 280 Abs. 1, 3, 281 Abs. 1 2. Alt. BGB bezüglich des Mehrverbrauches von 1,69 l/100 km auf ca. 59.000 km, der sich abzüglich 10% für Fahrten innerorts und eines hinzunehmenden Mehrverbrauchs von weiteren 10% auf 1.292,40 € belaufe. Der Annahmeverzug der Beklagten ergebe sich aus der unterbliebenen Rücknahme trotz berechtigten Rücktritts.
Gegen dieses ihr am 10. Juli 2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 10. August 2012 eingelegte und am 7. September 2012 begründete Berufung der Beklagten, mit der sie die Klageabweisung weiterverfolgt. Sie macht geltend, indem das Landgericht auf Nachfrage des Sachverständigen den Verbrauch mittels der „Nachtankmethode“ ermitteln ließ, habe es den tatsächlichen Verbrauch des Fahrzeugs im außerörtlichen Verkehr ermittelt. Dies stehe jedoch im Widerspruch zum Vertragsinhalt, insbesondere dem Datenblatt, das bei Vertragsschluss vorlag und in dem erläutert wurde, dass die Verbrauchsangaben sich weder auf ein konkretes Fahrzeug beziehen noch Bestandteil des Angebots sind. Ein entsprechendes Hinweisschild habe auch bei der Fahrzeugbesichtigung im Fahrzeug ausgelegen; inhaltsgleiche Angaben enthalte auch der von der Klägerin vorgelegte, ihr nach eigenen Angaben vor Vertragsschluss bekannte Herstellerprospekt. Darüber hinaus sei der Kraftstoffverbrauch unter Anwendung der Nachtankmethode unzutreffend festgestellt worden, es habe das in den vorgenannten Unterlagen angegebene Messverfahren angewandt werden müssen. Für die Frage der Erheblichkeit i.S.v. § 343 Abs. 5 BGB sei es nicht auf einen Einzelwert – im Streitfall: für den außerörtlichen Verkehr – sondern auf den Durchschnitt aller drei angegebenen Fahrzeugzyklen angekommen. Der Zeugenaussage W… sei eine Beschaffenheitsvereinbarung (Verbrauch außerorts 4,9 l/100 km) nicht zu entnehmen; die Aussage sei auch unglaubhaft.
Die Beklagte beantragt, die Klage unter Abänderung des am 22. Juni 2012 verkündeten Urteils des Landgerichts Potsdam, Az. 1 O 368/10, abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und führt ergänzend aus, der Zeuge T… habe im Hinblick auf eine Verkaufsprovision ein eigenes Interesse daran gehabt, den Kaufentschluss herbeizuführen. Dementsprechend habe er den Zeugen W… in dem Glauben bestärkt, die Verbrauchsangaben in den Prospekten und Datenblättern könnten in der Praxis umgesetzt werden. Die Klägerin bestreitet ferner, dass die Fahrzeugverbrauchsdatenangaben der Beklagten sowie die entsprechenden Prospektangaben des Herstellers zutreffen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den Kraftstoffverbrauchswerten des Pkw nach dem Messverfahren Richtlinie 80/1268/EWG. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. K… L… vom 11. Dezember 2013 (Bl. 294ff d.A.) Bezug genommen.
Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gemäß § 346 BGB, weil sie nicht wirksam gemäß §§ 434, 437 Nr. 2, 440, 323 BGB vom Kaufvertrag zurückgetreten ist. Dafür hätte die Klägerin den Nachweis eines Sachmangels nach § 434 Abs. 1 BGB führen müssen, der ihr indessen nicht gelungen ist.
Eine Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Ist die Beschaffenheit nicht vereinbart, so ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, sonst, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 BGB).
1. Im Streitfall kann nicht festgestellt werden, dass die Vertragsparteien eine Beschaffenheitsvereinbarung zu den tatsächlichen Verbrauchswerten des verkaufen Fahrzeugs getroffen haben.
Eine Beschaffenheit ist i.S.v. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB vereinbart, wenn der Inhalt des Kaufvertrages von vornherein oder nachträglich die Pflicht des Verkäufers bestimmt, die gekaufte Sache in dem Zustand zu übereignen, wie ihre Beschaffenheit im Vertrag festgelegt ist, sog. Sollbeschaffenheit. Diese Vereinbarung kommt nur in einem eindeutigen Fall in Betracht und kann auch konkludent und stillschweigend zustande kommen. Einseitig gebliebene Vorstellungen des Käufers genügen nicht, auch wenn sie dem Verkäufer bekannt sind; erforderlich ist die zustimmende Reaktion des Verkäufers (Palandt-Weidenkaff, BGB, 73. Aufl. 2014, § 434 Rn 14 ff.). Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung kann bei einem Pkw auch der Kraftstoffverbrauch sein. Bei einem Neuwagen begründet ein Kraftstoffmehrverbrauch von mehr als 10% gegenüber den Herstellerangaben eine nicht unerhebliche Tauglichkeitsminderung (§ 323 Abs. 2 S. 2 BGB), die zum Rücktritt berechtigt (vgl. BGH NJW 2007, 2111).
a) Durch Bezugnahme auf Prospekte oder andere Unterlagen ist keine Beschaffenheitsvereinbarung des Inhalts getroffen worden, dass der verkaufte Pkw außerorts einen tatsächlichen Verbrauch von 4,9 l/100 km aufweist. Die EG-Übereinstimmungsbescheinigung (K 5) kann für eine entsprechende Vereinbarung schon deshalb nicht herangezogen werden, weil sie unstreitig erst mit Auslieferung des Fahrzeugs übergeben wurde und nicht vorgetragen worden ist, dass in diesem Zeitpunkt noch eine nachträgliche Vereinbarung (§ 311 Abs. 1 BGB) getroffen wurde. Es ist aber unstreitig, dass die Klägerin sich bereits vor dem Verkaufsgespräch kundig gemacht hatte und die Herstellerangaben zum Verbrauch entsprechend der Übersicht K 6 („technische Daten“) und des Dacia-Prospektes Gegenstand der Erörterungen waren. Es ist deshalb davon auszugehen, dass sich die Soll-Beschaffenheit nach den – durch Bezugnahme und Erörterung mindestens konkludent einbezogenen – publizierten Herstellerangaben richten sollte. Es handelt sich insoweit jedenfalls um „öffentliche Äußerungen“ i.S.v. § 434 Abs. 1 S. 3 BGB (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 11. Aufl. 2012, Rn 599). Diese Angaben bezogen sich lediglich auf den Verbrauch in bestimmten Messverfahren und können deshalb auch dann, wenn die Klägerin dies anders verstanden haben sollte, nur mit diesem Inhalt Vertragsgegenstand geworden sein. Der Klägerin als Erklärungsempfängerin war damit jedenfalls erkennbar, dass die Herstellerangaben auf einer verobjektivierenden Grundlage beruhten und dass sich der bei individueller Fahrweise erzielte Kraftstoffverbrauch mit den angegebenen Werten nicht decken musste (vgl. BGHZ 136, 94, juris Rn. 9). Die Klägerin konnte aufgrund dieser Beschaffenheitsvereinbarung demnach nur erwarten, dass die im Prospekt angegebenen Werte unter Testbedingungen reproduzierbar sind (vgl. OLG Hamm, Urteil v. 07.03.2013, Az. 28 U 94/12, juris Rz. 37).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Verbrauchsangaben in einem Hinweisschild enthalten waren, welches auf einer entsprechenden Verpflichtung des Verkäufers aus der Verordnung über Verbraucherinformationen zu Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen und Stromverbrauch neuer Personenkraftwagen (Pkw-EnVKV) beruhte; insbesondere war die Beklagte nicht zur näheren Erläuterung dieser Angaben verpflichtet. Die nach EG-Messvorschriften zu ermittelnden und nach der Pkw-EnVKV mitzuteilenden Verbrauchswerte und die bei individueller Fahrweise erreichbaren Verbrauchswerte müssen sich nicht decken. Erstere sind „Laborwerte“, letztere werden von einer Vielzahl individueller Faktoren beeinflusst. In den Anlagen 1 bis 4 zu § 3 Abs. 1 Nr. 1 Pkw-EnVKV werden die äußere Gestaltung, Form und Größe der Hinweisschilder geregelt; Verstöße werden gemäß § 7 Pkw-EnVKV als Ordnungswidrigkeiten geahndet. Unter diesen Gegebenheiten ist es im Hinblick auf die kaufvertragliche Haftung nicht zu beanstanden, wenn Händler auf eine freiwillige nähere Erläuterung ihrer Angaben zum Kraftstoffverbrauch verzichten. Die Angabe des nach der Richtlinie ermittelten Verbrauchs ist für den Verbraucher auch nicht völlig wertlos. Zwar muss er damit rechnen, dass der tatsächliche Verbrauch erheblich höher liegt, das Messverfahren ermöglicht aber den Vergleich verschiedener Fahrzeugmodelle auf objektivierter Basis (OLG Karlsruhe, NZV 2008, 414). Von Herstellern und Händlern wird nicht verlangt, auf den fehlenden Realitätsbezug noch deutlicher hinzuweisen, als durch die Pkw-EnVKV vorgegeben (Reinking/Eggert, a.a.O., Rn 608).
b) Entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung hat die Klägerin eine mündliche Vereinbarung zum tatsächlichen Soll-Verbrauch bereits nicht schlüssig vorgetragen. Derartiger Vortrag wäre schlüssig und damit einer Beweisaufnahme zugänglich, wenn behauptet würde, bei den Vertragsverhandlungen habe der Verkaufsberater ohne Einschränkung erklärt, die Angaben im Prospekt entsprächen den tatsächlichen Verkaufswerten und diese Werte seien realistisch. Außer Eindeutigkeit des Erklärten ist auch Verbindlichkeit erforderlich; bei einem Verkäufer, der nicht selbst Hersteller ist, liegt häufig die Deutung nahe, in einer mündlichen Verbrauchsauskunft liege nur eine bloße Wissensmitteilung, die erkennbar ihre Grundlage in den Herstellerangaben hat (Reinking/Eggert, a.a.O., Rn 598).
Die Klägerin hat auch unter Berücksichtigung ihres ergänzenden Vortrags hierzu mit Schriftsatz vom 8. Mai 2013 nicht mit hinreichender Bestimmtheit vorgetragen, dass vereinbart worden wäre, die aus den Unterlagen ersichtlichen Verbrauchswerte seien auch im tatsächlichen Fahrbetrieb erzielbar. Ihr Vortrag geht lediglich dahin, dass der Verkäufer der Beklagten versichert habe, die angegebenen Verbrauchsdaten seien zutreffend und verlässlich, sie trägt aber nicht vor, dass insoweit auch ein Bezug zum tatsächlichen Fahrbetrieb hergestellt worden wäre. Das wäre aber erforderlich gewesen, zumal von Verkäufern im Hinblick auf die in der Pkw-EnVKV minutiös geregelten Hinweispflichten – wie ausgeführt – grundsätzlich nicht erwartet wird, zusätzlich noch gesondert auf den fehlenden Realitätsbezug der angegebenen Verbrauchsdaten hinzuweisen. Dementsprechend ist auch Zurückhaltung bei der Annahme einer entsprechenden positiven Beschaffenheitsvereinbarung angebracht. Damit fehlt es bereits an hinreichendem Vortrag dazu, dass verbindlich vereinbart wurde, die Prospektangaben seien im Fahrbetrieb zu erzielen. Die Versicherung der Richtigkeit bezieht sich lediglich darauf, dass die Verbrauchswerte in dem in Bezug genommenen Messverfahren richtig ermittelt und vom Hersteller zutreffend wiedergegeben wurden.
Etwas anderes lässt sich auch der Zeugenaussage des Ehemannes der Klägerin nicht entnehmen, die sie sich jedenfalls konkludent zu Eigen gemacht hat. Der Zeuge hat angegeben, der Verkäufer habe bestätigt, „dass es [das Auto] ausgesprochen günstige Verbrauchszahlen habe und dieses Fahrzeug praktisch minimal mehr als der bisherige Golf verbrauchen würde.“ Der Verkäufer habe „exakt gesagt (…), 4,9 Liter das sei ja das ideale Auto mit dem Verbrauch für unsere Wünsche.“ Auch diesen Bekundungen lässt sich nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit entnehmen, dass es sich um real erzielbare Werte handelt.
2. Aus den unter 1. a) genannten Gründen ist allerdings von einer Beschaffenheitsvereinbarung bezüglich der publizierten Herstellerangaben auszugehen. Der Annahme einer entsprechenden verbindlichen Beschaffenheitsvereinbarung steht nicht der sowohl im Datenblatt Anlage K 6 als auch dem Dacia-Prospekt enthaltene Hinweis entgegen, wonach die angegebenen Werte allein Vergleichszwecken dienen und sich weder auf ein einzelnes konkretes Fahrzeug beziehen noch Bestandteil des Angebots sind. Mit einem derartigen Hinweis kann kein wirksamer Haftungsausschluss herbeigeführt werden, da nach der Regelung in § 434 Abs. 1 S. 3 BGB Eigenschaften, die nach den öffentlichen Äußerungen des Herstellers/Verkäufers erwartet werden können, gerade zur Beschaffenheit der Kaufsache gehören (LG Stuttgart, DAR 2009, 149, juris Rz. 29; Reinking/Eggert, a.a.O. Rn. 605 für Beschaffenheitsvereinbarungen).
Demnach ist eine Beschaffenheitsvereinbarung des Inhalts getroffen worden, dass das Fahrzeug den Prospektangaben entspricht, mithin die im Prospekt angegebenen Werte unter Testbedingungen reproduzierbar sind. Dass das Fahrzeug bei Gefahrübergang diese vereinbarte Beschaffenheit nicht hatte, hat die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Klägerin jedoch nicht bewiesen. Ihre Behauptung, der Pkw habe bei Auslieferung am 6. Januar 2010 nach dem Messverfahren Richtlinie 80/1268/EWG in der seinerzeit geltenden Fassung folgende Kraftstoffverbrauchswerte nicht erfüllt: Innerorts 7,6 l/100 km, außerorts 4,9 l/100 km, kombiniert 5,9 l/100 km, hat der Sachverständige L… in seinem Gutachten vom 9. März 2012 nicht bestätigt. Der Sachverständige hat vielmehr eine Kraftstoffverbrauchsmessung auf einem Rollenprüfstand unter den für eine standardmäßige Kraftstoffverbrauchsmessung definierten Randbedingungen vorgenommen und dabei nachvollziehbar und widerspruchsfrei folgende Kraftstoffverbräuche ermittelt:
– innerorts 7,72/100 km
– außerorts 4,9 l/100 km
– kombiniert 5,93 l /100 km.
Aufgrund dieser auch von den Parteien nicht in Zweifel gezogenen Feststellungen, die lediglich in Bezug auf den Kraftstoffverbrauch innerorts eine geringfügige Überschreitung der Katalogangaben ergeben, kann nicht festgestellt werden, dass bei Gefahrübergang ein Kraftstoffmehrverbrauch von mehr als 10% gegenüber den Herstellerangaben vorlag. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass das Fahrzeug bei Beginn der Begutachtung durch den Sachverständigen bereits eine Laufleistung von 105.894 km aufwies und den sachverständigen Feststellungen zufolge aus technischer Sicht zu erwarten ist, dass sich mit steigender Laufleistung eines Pkw zumindest tendenziell eine Verschlechterung des Wirkungsgrades einstellt.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 91a ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.
4. Der Feststellungsantrag (Annahmeverzug) bleibt bei der Streitwertfestsetzung wegen wirtschaftlicher Identität unberücksichtigt (Zöller-Herget, ZPO, 29. Aufl., § 3 Rn 16 „Annahmeverzug“).
5. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) lagen nicht vor.