AG Kiel, Az.: 107 C 135/13, Urteil vom 03.10.2014
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.770,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.07.2013 sowie weitere 1.005,40 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 18.07.2013 zu bezahlen.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, mit Ausnahme der Kosten des Sachverständigen, die gemäß § 21 Abs. 1 GKG niedergeschlagen werden.
Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 2.770,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Schadensersatz nach Rücktritt von einem Pkw-Kaufvertrag.
Die Parteien schlossen am 18.4.2013 einen Kaufvertrag unter Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen über einen gebrauchten Pkw Infiniti, Typ M GT Premium, … zu einem Kaufpreis von 27.700,00 €. Das Fahrzeug war zu diesem Zeitpunkt etwa 2 Jahre alt (Erstzulassung: 22.3.2011) und wies eine Laufleistung von etwa 24.500 km auf.
In dem Vertragsformular ist das Feld „Vorschäden“ unausgefüllt geblieben und das Feld „Taxi“ war mit „NEIN“ ausgefüllt. Im Übrigen war in das Feld „[…] sonstige Vereinbarungen […]“ eingetragen: „Kunde kauft Fahrzeug wie beschrieben und auf den Fotos zu sehen“, In Ziffer VI Nr. 1 heißt es in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen: „[…] Ist der Käufer […] ein Unternehmer […] erfolgt der Verkauf unter Ausschluss jeglicher Sachmängelansprüche.“ Wegen der weiteren Einzelheiten des Kaufvertrages nebst Allgemeiner Geschäftsbedingungen wird auf die zur Gerichtsakte gereichte Kopie, Anlage K 1, Bl. 13 ff. d.A., verwiesen.
Ebenfalls am 18.4.2013, vor Unterzeichnung des Kaufvertrages, ist auf Anfrage des Beklagten, diesem eine Zulassungsbescheinigung II via e-Mail zugesandt worden. Daraus ergibt sich u.a., dass das in Rede stehende Fahrzeug einen Vorbesitzer und zwar die … Autovermietung GmbH hatte.
Das Fahrzeug ist dem Beklagten zur Abholung bereitgestellt und der Beklagte zur Zahlung des Kaufpreises sowie zur Abnahme des Pkw aufgefordert worden. Trotz weiterer Aufforderungen hat der Beklagte weder den Kaufpreis gezahlt noch das Fahrzeug abgeholt, so dass die Klägerin nach letztmaliger Fristsetzung mit anwaltlichem Schreiben vom 24.6.2013 den Rücktritt von dem Kaufvertrag gegenüber dem Beklagten erklärte. Unter Hinweis auf Ziffer IV Nr. 1 und 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen machte die Klägerin weiterhin Schadensersatz wegen Nichtabnahme des Fahrzeuges in Höhe von 10 % des Kaufpreises, mithin EUR 2.770.00, gegenüber dem Beklagten geltend. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Schreibens wird auf die zur Akte gereichte Kopie, Anlage K 4, Bl. 19 f. d.A., Bezug genommen. Eine Zahlung des Beklagten ist bisher nicht erfolgt.
Die Klägerin beantragt daher, den Beklagten zu verurteilen, an sie 2.770,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 02.07.2013 zu zahlen; den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.005,40 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 18.07.2013 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, Klageabweisung.
Er ist der Auffassung, seinerseits zum Rücktritt vom Kaufvertrag bzw. zur Arglistanfechtung berechtigt gewesen zu sein. Er macht geltend, das Fahrzeug habe Nachlackierungen an beiden Seitenteilen hinten, dem Heckdeckel sowie der Motorhaube aufgewiesen. Es hätten mithin Vorschäden bestanden, obwohl das Feld Vorschäden nicht ausgefüllt worden war, was nur als Erklärung dahingehend verstanden werden könne, dass keine Vorschäden vorgelegen hätten. Überdies sei das Fahrzeug als Mietwagen genutzt worden, was einer Nutzung als Taxi gleichzusetzen sei. Hierüber sei er nicht aufgeklärt worden, obwohl über eine solche atypische Nutzung eine Aufklärungspflicht bestanden hätte. Vielmehr sei eine Nutzung als Taxi ausdrücklich verneint worden, was einer Beschaffenheitsvereinbarung gleichzusetzen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu. Insbesondere hat der Beklagte seinerseits gegen die Klägerin keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages und war daher grundsätzlich zur Zahlung des Kaufpreises und Abnahme des Pkw verpflichtet. Dem Beklagten steht weder ein Rücktrittsrecht wegen Vorliegen eines Sachmangels gemäß §§ 437 i.V.m. 440, 323 BGB noch wegen Arglistanfechtung gemäß § 123 BGB zu.
Soweit der Beklagte sich auf Vorliegen von Vorschäden beruft, steht dem bereits der im Rahmen der unstreitig Vertragsbestandteil gewordenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte Gewährleistungsausschluss entgegen. Anhaltspunkte dafür, dass der vereinbarte Gewährleistungsausschluss unwirksam war, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insbesondere hat der Beklagte als Unternehmer und nicht als Privatperson gehandelt.
Eine Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich etwaiger Vorschäden haben die Parteien ebenfalls nicht getroffen, denn das entsprechende Feld in dem Vertragsformular ist gerade nicht ausgefüllt worden. Daher ist das unausgefüllte Feld einem „Schweigen“ gleichzusetzen und einem Schweigen kommt entgegen der Auffassung des Beklagten gerade kein Erklärungswert zu.
Ferner ist eine Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich der Eigenschaft „Mietwagen“ ebenfalls nicht getroffen worden. Nach der Auffassung des erkennenden Gerichts sind Taxi und Mietwagen gerade nicht gleichzusetzen. Bei einem Taxi liegt in der Regel ein übermäßiger Gebrauch wegen der Höhe der Fahrleistung vor. Bei einem Mietwagen lässt sich nicht sicher sagen, ob und inwieweit sich darauf überhaupt eine Nichteignung für die gewöhnliche Verwendung und damit ein Mangel i.S.d. § 434 BGB begründen lässt. Bei einem Mietwagen mag eine Vielzahl unterschiedlicher Nutzer vorliegen. Dennoch stellt sich die Frage, ob allein dadurch – bei im Übrigen vorschriftsmäßig gewartetem Mietwagen – der Verschleiß von Motor und sonstiger Mechanik weiter fortgeschritten ist als bei einem privat genutzten Pkw. Jedenfalls bei nicht mehrjährigem Einsatz mit überdurchschnittlicher Fahrleistung ist ein übermäßiger Verschleiß wohl nicht anzunehmen. Vor diesem Hintergrund verbietet es sich jedenfalls, die Frage nach der Vorbenutzung als „Taxi“ der Vorbenutzung als „Mietwagen“ gleichzusetzen.
Schließlich bestand auch kein Anfechtungsgrund gemäß § 123 Abs. 1 BGB, da eine arglistige Täuschung durch die Klägerin nicht vorliegt. Die Mietwageneigenschaft des Fahrzeugs ist entgegen der Ansicht des Beklagten im vorliegenden Fall nicht offenbarungspflichtig. Ob eine solche Offenbarungspflicht besteht, ist im Ergebnis eine Frage des Einzelfalls.
Im vorliegenden Fall ist das Fahrzeug erst zwei Jahre alt und weist keine übermäßige Fahrleistung auf. Mittlerweile wird ein immer größerer Anteil an fabrikneuen Fahrzeugen zunächst als Mietfahrzeug genutzt, bevor er an Privatpersonen weiterverkauft wird. Daher gibt es mittlerweile insbesondere in der „Altersgruppe“ bis 2 Jahre eine Vielzahl von Fahrzeugen, die ursprünglich als Mietfahrzeug genutzt worden sind.
Zwar geht die Vorstellung des Käufers eines vorher als Mietwagen genutzten Fahrzeugs dahin, dass dieses deswegen weniger Wert sei, da die Gefahr von Schäden durch sorglose Nutzung und Fahr- und Bedienungsfehlern erhöht sei. Entscheidendes Kriterium für die Wertbildung eines Kraftfahrzeugs auch für den Kunden ist aber die Anzahl der gefahrenen Kilometer des Fahrzeugs. Diese war dem Beklagten unstreitig bei Abschluss des Kaufvertrages bekannt und im vorliegend Fall überdies auch nicht übermäßig hoch. Hinzu kommt, dass gerade die Mietwagenfirmen wegen der oben geschilderten Marktsituation ein eigenes Interesse haben, Fahrzeuge in einem guten Zustand wieder auf den Markt zu bringen, um einen möglichst hohen Verkaufspreis erzielen zu können. Zu diesem Zweck werden Mietfahrzeuge genauso regelmäßig gewartet wie privat genutzte Fahrzeuge. Auch das Risiko der unsachgemäßen Nutzung ist nicht höher einzuschätzen als das bei einem vormals privat genutzten Fahrzeug, da auch dieses von einem ungeübten oder sorglosen Fahrer gefahren werden kann, was der Käufer ebenfalls nicht feststellen kann. Soweit ein erhöhter Verschleiß durch eine überdurchschnittlich hohe Kilometerzahl angeführt wird, kann auch dies kein Grund sein, einen Mangel anzunehmen, da die Kilometerleitung hier unstreitig bekannt war. Daher ist der Verschleiß in der Regel bei einem vormals als Mietwagen genutzten Fahrzeug nicht höher als bei einem mit vormaliger privater Nutzung bei regelmäßiger Wartung und gleicher Kilometerzahl.
Die Nebenforderungen sind unter dem Gesichtspunkt des Verzugs aus den §§ 280, 286 BGB begründet.
Die prozessualen Nebenforderungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.