Rechtlicher Ärger nach Autokauf: Unfallschäden nicht offengelegt
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat die Berufung eines Klägers gegen ein Urteil des Landgerichts Konstanz abgewiesen, in dem es um die Rückabwicklung eines Gebrauchtwagenkaufvertrags ging. Der Kläger konnte nicht nachweisen, dass der Verkäufer arglistig Unfallschäden verschwiegen hatte. Zudem wurde festgestellt, dass der Kläger als Scheinunternehmer agierte, was die Anwendung bestimmter Verbraucherschutzregelungen ausschloss.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Die zentralen Punkte aus dem Urteil:
- Berufung abgewiesen: Das OLG Karlsruhe sieht keine Erfolgsaussicht für die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Konstanz.
- Gewährleistungsausschluss: Im Kaufvertrag wurde die Gewährleistung wirksam ausgeschlossen.
- Status des Klägers: Der Kläger wurde als Scheinunternehmer eingestuft, was die Rechtslage beeinflusst.
- Kein Nachweis von Arglist:Es konnte nicht bewiesen werden, dass der Verkäufer arglistig gehandelt hat.
- Fehlende Sichtprüfung: Der Vorwurf einer unterlassenen Sichtprüfung reichte nicht aus, um Arglist zu begründen.
- Erkennbarkeit von Mängeln: Es fehlte an Beweisen, dass die Mängel bei einer ordnungsgemäßen Sichtprüfung erkennbar gewesen wären.
- Keine Offenbarungspflicht: Für offensichtliche oder leicht erkennbare Mängel besteht keine Offenbarungspflicht.
- Kein Anspruch auf Schadensersatz: Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises oder Schadensersatz.
Übersicht
- Rechtlicher Ärger nach Autokauf: Unfallschäden nicht offengelegt
- ✔ Das Wichtigste in Kürze
- Rechtliche Herausforderungen beim Gebrauchtwagenkauf
- Der Gebrauchtwagenkaufvertrag und die Frage der Arglist
- Unfallschaden und arglistiges Verschweigen als Kern des Streits
- Entscheidung des Landgerichts Konstanz und Berufung
- Die abschließende Beurteilung durch das OLG Karlsruhe
- Weiterführende Überlegungen zum Urteil des OLG Karlsruhe
- ✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
- Das vorliegende Urteil
Rechtliche Herausforderungen beim Gebrauchtwagenkauf
Der Kauf eines Gebrauchtwagens ist eine Entscheidung, die für viele Käufer nicht nur aufgrund des finanziellen Aspekts, sondern auch wegen der rechtlichen Komplexität von Bedeutung ist. Im Zentrum des Interesses stehen dabei oft Fragen zur Gewährleistung und zum Umgang mit Unfallschäden. Besonders brisant wird es, wenn es um das arglistige Verschweigen solcher Schäden durch den Verkäufer geht. Dieses Thema berührt grundlegende Rechtsprinzipien wie Vertrauen, Ehrlichkeit und Fairness im Handel, die in der Rechtsprechung sorgfältig abgewogen werden.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen, die sich aus einem Gebrauchtwagenkaufvertrag ergeben, sind komplex. Sie beinhalten Aspekte wie die Beweislast und die Definition von Arglist. Gerichtliche Auseinandersetzungen, wie beispielsweise die vor dem OLG Karlsruhe oder dem Landgericht Konstanz, beleuchten die feinen Nuancen solcher Fälle. Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der diese Thematik in den Vordergrund rückt und zeigt, wie Gerichte mit der Herausforderung arglistigen Verschweigens umgehen. Tauchen Sie ein in die Welt des Autorechts und erfahren Sie mehr über die rechtlichen Feinheiten, die bei einem Gebrauchtwagenkauf von entscheidender Bedeutung sein können.
Der Gebrauchtwagenkaufvertrag und die Frage der Arglist
Im Zentrum des vorliegenden Falles steht ein Gebrauchtwagenkaufvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten, einer Autohandlung. Der Kläger erwarb am 19. Februar 2019 einen gebrauchten Mercedes-Benz E220 für 22.000 Euro. Der Kaufvertrag enthielt eine Klausel, die jegliche Gewährleistung und Sachmängelhaftung ausschloss, und betonte, dass die Angaben über Beschädigungen und Kilometerstände vom Vorbesitzer stammen und keine Garantie für Unfallfreiheit bieten, es sei denn, diese wurde vom Verkäufer arglistig verschwiegen.
Unfallschaden und arglistiges Verschweigen als Kern des Streits
Nachdem der Kläger den Wagen ohne Probefahrt erhalten hatte, forderte er über einen Rechtsassessor die Rückabwicklung des Kaufvertrages und Schadensersatz. Er behauptete, das Fahrzeug weise erhebliche Mängel auf, darunter einen Unfallschaden, Hagelschäden und einen Achsschaden. Die Beklagte wies diese Ansprüche zurück, woraufhin der Fall vor Gericht ging. Der Kläger argumentierte, die Beklagte habe keine ausreichende Sichtprüfung des Fahrzeugs durchgeführt und damit arglistig gehandelt.
Entscheidung des Landgerichts Konstanz und Berufung
Das Landgericht Konstanz wies die Klage ab. Es stellte fest, dass der Kläger als Scheinunternehmer gehandelt habe und daher die Verbraucherschutzbestimmungen nicht anwendbar seien. Ferner sei die Gewährleistung wirksam ausgeschlossen worden und ein arglistiges Handeln der Beklagten nicht nachweisbar. Der Kläger legte daraufhin Berufung beim OLG Karlsruhe ein. Er kritisierte, dass das Landgericht die ständige Rechtsprechung falsch behandelt habe und behauptete weiterhin ein arglistiges Verschweigen der Beklagten.
Die abschließende Beurteilung durch das OLG Karlsruhe
Das OLG Karlsruhe beabsichtigte, die Berufung zurückzuweisen. Es begründete dies damit, dass keine Aussicht auf Erfolg bestehe und die Sache keine grundsätzliche Bedeutung habe. Der Senat hielt an den Feststellungen des Landgerichts fest, dass keine Arglist seitens der Beklagten vorliege und die Gewährleistung wirksam ausgeschlossen sei. Zudem fand das Gericht keine ausreichenden Beweise für ein arglistiges Verschweigen eines Unfallschadens durch die Beklagte.
Weiterführende Überlegungen zum Urteil des OLG Karlsruhe
Das Urteil des OLG Karlsruhe unterstreicht die Bedeutung klarer Vertragsbedingungen und die Herausforderung, Arglist nachzuweisen. Es zeigt auf, dass die rechtliche Bewertung eines Gebrauchtwagenkaufvertrages und die Frage des arglistigen Verschweigens tiefgehendes juristisches Verständnis und detaillierte Untersuchung erfordern. Der vorliegende Fall illustriert eindrücklich, wie entscheidend die Rolle von Beweisen und die Interpretation von Klauseln im Kontext des Autorechts sind.
✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
Wie wirkt sich die Klausel „Ausschluss jeglicher Gewährleistung und Sachmängelhaftung“ auf die Rechte des Käufers aus?
Die Klausel „Ausschluss jeglicher Gewährleistung und Sachmängelhaftung“ kann erhebliche Auswirkungen auf die Rechte des Käufers haben. In Deutschland ist die Sachmängelhaftung gesetzlich geregelt und dient dem Schutz des Käufers vor mangelhafter Ware. Sie ist nicht mit der Garantie zu verwechseln, die ein freiwilliges Versprechen des Herstellers oder Verkäufers ist.
Wenn ein Verkäufer die Sachmängelhaftung ausschließt, bedeutet das, dass er nicht für Mängel haftet, die zum Zeitpunkt des Verkaufs bereits existierten. Dies kann jedoch je nach Art des Verkaufs und den beteiligten Parteien variieren.
Bei einem Verkauf von einem Händler an einen Privatkunden ist ein Ausschluss der Sachmängelhaftung nicht zulässig. Die Verjährungsfrist für Ansprüche aufgrund eines Sachmangels beträgt grundsätzlich zwei Jahre und darf maximal auf ein Jahr verkürzt werden. Bei einem Verkauf von einem Händler an einen anderen Händler kann die Sachmängelhaftung eingeschränkt oder ganz ausgeschlossen werden. Bei einem Verkauf von Privat an einen Händler kann die Sachmängelhaftung ebenfalls ausgeschlossen werden.
Trotz des Ausschlusses der Sachmängelhaftung gibt es jedoch bestimmte Ausnahmen. So gilt der Ausschluss nicht für Schadensersatzansprüche aus grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Verletzung von Pflichten des Verkäufers sowie bei der schuldhaften Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit.
Es ist auch zu beachten, dass eine Klausel, die die Gewährleistung ausschließt, unwirksam sein kann, wenn sie gegen § 307 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit §§ 310 Abs. 1 S. 2, 309 Nr. 7 Buchstabe a und b des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) verstößt.
Bei einem Privatverkauf kann die Gewährleistung vollständig ausgeschlossen werden, was bedeutet, dass der Käufer besonders sorgfältig prüfen sollte, bevor er einen Kauf tätigt.
Das vorliegende Urteil
OLG Karlsruhe – Az.: 14 U 216/21 – Beschluss vom 04.04.2023
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 27.07.2021, Az. D 2 O 335/19, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Es ist beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 15.939,37 € festzusetzen.
3. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 02.05.2023.
Gründe
I.
Streitgegenständlich sind Zahlungsansprüche wegen Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Pkw.
Der Kläger schloss mit der Beklagten am 19.02.2019 einen Kaufvertrag über einen gebrauchten Pkw der Marke Mercedes-Benz Typ E220 T BT, Avantgarde (FIN: WDD2122011B245660), zum Preis von 22.000 Euro. Die Erstzulassung des Fahrzeugs war am 21.10.2015, es hatte einen Kilometerstand von 112.000 km.
Der schriftliche „Kaufvertrag/Rechnung“ enthält den Zusatz „Gewerblich“ in der Überschrift. Er enthält unter anderem folgende Regelungen:
„Kauft das nachstehende Fahrzeug gebraucht, wie ausgiebig besichtigt, unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung und Sachmängelhaftung (…)
Nebenabreden und nachträgliche Änderungen dieser Bestellung und etwaige Zusicherungen bedürfen zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Bestätigung des Verkäufers. Der Verkäufer weist darauf hin, dass die Fahrzeuge von der B… nicht selbst gefahren wurden und rein zum Weiterverkauf erworben wurden. Angaben über Beschädigungen und KM-Stände werden wie vom Vorbesitzer ausgesagt weitergegeben. Für Unfallfreiheit (Rahmenschaden etc.) km-Stand keine Garantie, sofern dies nicht vom Verkäufer arglistig verschwiegen wurde.“
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den „Kaufvertrag/Rechnung“ vom 19.02.2019 verwiesen.
Am 18.02.2019 erfolgte ein Telefonat zwischen dem Kläger und dem Zeugen S…, einem Mitarbeiter der Beklagten. Nach dem Telefonat wies der Kläger den Kaufpreis an. Am nächsten Tag erfolgte die Anreise des Klägers nach G… mit der Bahn, wo nach Abschluss des schriftlichen Kaufvertrages das im beleuchteten Außenbereich zur Abholung bereit gestellte Fahrzeug übergeben wurde. Eine Probefahrt erfolgte nicht.
Mit Schreiben vom 14.04.2019 wurde die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 23.04.2019 durch einen Bevollmächtigten des Klägers, Rechtsassessor E…, zur Rückabwicklung des Kaufvertrages und Zahlung von Schadensersatz aufgefordert. Das Fahrzeug weise einen Unfallschaden, massive Eindellungen durch Hagel sowie unfallbedingt einen Achsschaden auf. Eine Aufforderung zur Mängelbeseitigung erfolgte nicht.
Mit Schreiben vom 23.04.2019 wies die damalige Bevollmächtigte der Beklagten die Ansprüche zurück. In dem Schreiben, auf das verwiesen wird, heißt es unter anderem:
„Der guten Ordnung halber darf ich vorab darum bitten, dass sie ihre Bevollmächtigung, insbesondere auch im Hinblick auf das Rechtsdienstleitungsgesetz, nachweisen.“
Der Kilometerstand des streitgegenständlichen Fahrzeugs betrug zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz 168.243 km.
Wegen der weiteren Feststellungen des Landgerichts und den erstinstanzlich gestellten Anträgen wird auf das angefochtene Urteil ergänzend Bezug genommen.
Nach Aufforderung des Senats hat die Beklagte das DAT-Formular der A…, von der sie selbst den PKW erworben hatte, und das Ergebnis einer Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO vom 16.11.2018 vorgelegt.
Das Landgericht hat die zuletzt auf Zahlung von 22.000 € abzüglich einer Nutzungsentschädigung von 6.581,63 € gerichtete Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, in dem Kaufvertrag vom 19.02.2019 sei die Gewährleistung wirksam ausgeschlossen worden. Der Kläger habe als „Scheinunternehmer“ gehandelt. Dem Kläger sei der Beweis eines arglistigen Handelns der Beklagten nicht gelungen. Auch ein Verstoß der Beklagten gegen ihre Untersuchungsobliegenheiten lasse sich nicht feststellen. Daher könne der Kläger nicht von dem Kaufvertrag zurücktreten, Ansprüche aus vorvertraglicher Pflichtverletzung und Delikt kämen auch nicht in Betracht. Hinzu komme, dass es an einer wirksamen Rücktrittserklärung fehle. Jedenfalls hinsichtlich des Hagelschadens fehle es überdies an einer Fristsetzung zur Nachbesserung.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er trägt vor,
erstaunlich sei, wie die Zeugen auf Beklagtenseite unisono und en détail den Sachverhalt geschildert hätten und im Gleichklang marschiert seien, und das hinsichtlich eines 2,5 Jahre zurückliegenden Vorgangs. Es müsse erwogen werden, dass hier abgestimmtes Aussageverhalten vorliege. Dass auf Klägerseite die Aussagen nicht deckungsgleich gewesen seien, sei auf die verstrichene Zeit seit dem Ereignis zurückzuführen und spreche für die Glaubwürdigkeit der Zeugen; denn was sei einfacher, als sich vorprozessual im Familienkreis abzustimmen und so die jeweiligen Aussagen stimmig zu machen.
Entscheidend komme es jedoch darauf an, dass das Gericht die ständige Rechtsprechung falsch behandelt habe. Aus Sicht des Klägers stehe fest, dass die Beklagte keine Sichtprüfung durchgeführt und bejahendenfalls das deutlich negative Ergebnis arglistig verschwiegen habe. In beiden Fällen sei sie zum Schadensersatz verpflichtet, wobei es entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts auf eine Fristsetzung oder auf eine Beseitigung der Schäden nicht ankommen könne.
Der Kläger beantragt: Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 27.07.2021 – D 2 O 335/19 – aufgehoben und wie folgt abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 22.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.04.2019 zu bezahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeuges der Marke Mercedes-Benz Typ E220 T BT, Avantgarde mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) WDD2122011B245660 und Fahrzeugschlüssel sowie Kfz-Brief, abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 6.581,63 EUR.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug befindet.
3. Die Beklagte wird ferner teilklagend verurteilt, dem Kläger 521 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.04.2019 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und teilweiser Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.
Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und hinsichtlich der Angaben des Klägers im Rahmen seiner persönlichen Anhörung sowie der erstinstanzlich vernommenen Zeugen auf das Sitzungsprotokoll vom 16.06.2021 Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers ist nach einstimmiger Auffassung des Senats unbegründet.
Der Kläger hat auf Basis des zweitinstanzlich zu Grunde zu legenden Vortrags aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises von 22.000 € abzüglich einer Nutzungsentschädigung und weiteren Schadensersatz in Höhe von 521 €.
1. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags nach §§ 437 Nr. 2, 440 (a. F.), 323 Abs. 1, 326 Abs. 5, 346 ff. BGB oder auf „großen“ Schadensersatz nach den §§ 437 Nr. 3, 440 (a.F.), 311a Abs. 2 BGB, wovon das Landgericht im Ergebnis zutreffend ausgegangen ist. Hinsichtlich der behaupteten Beschädigungen ist die Gewährleistung wirksam ausgeschlossen worden. Ein arglistiges Verhalten der Beklagten (§ 444 BGB) ist nicht feststellbar.
a) Nach den für den Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindenden Feststellungen des Landgerichts handelte der Kläger als Scheinunternehmer, weswegen die Regelungen über den Verbrauchsgüterkauf gemäß den §§ 474 ff. BGB (a. F.) vorliegend keine Anwendung finden.
(1) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht an die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, welche die Bindung des Berufungsgerichts an die vorinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich aus Fehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind. Zweifel im Sinne dieser Vorschrift liegen schon dann vor, wenn aus der für das Berufungsgericht gebotenen Sicht eine gewisse – nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (BGH, Urteil vom 08.06.2004 – VI ZR 199/03, Rn. 13, juris).
Das gilt insbesondere für die erneute Vernehmung von Zeugen, die grundsätzlich gemäß § 398 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Berufungsgerichts steht. Das Berufungsgericht ist deshalb nur verpflichtet, einen in erster Instanz vernommenen Zeugen erneut zu vernehmen, wenn es die protokollierte Aussage anders als die Vorinstanz verstehen oder würdigen will (BGH, Beschluss vom 21.03.2012 – XII ZR 18/11, Rn. 6, juris).
(2) Das Landgericht ist in nachvollziehbarer Weise unter schlüssiger Würdigung der einzelnen Zeugenaussagen zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger als Scheinunternehmer gehandelt hat. Hiergegen wird mit der Berufung nichts erinnert.
Soweit der Kläger allgemein behauptet, es müsse erwogen werden, dass sich die beklagtenseits benannten Zeugen abgesprochen hätten, so stellt hier der Kläger lediglich seine eigene Würdigung an die Stelle des Landgerichts, ohne Fehler der Beweiswürdigung darzulegen. Damit kann ein erfolgreicher Berufungsangriff nicht geführt werden.
b) Die Klausel „Angaben über Beschädigungen und KM-Stände werden wie vom Vorbesitzer ausgesagt weitergegeben. Für Unfallfreiheit (Rahmenschaden etc.) km-Stand keine Garantie, sofern dies nicht vom Verkäufer arglistig verschwiegen wurde“ ist eine Vereinbarung, wonach sich Angaben über Vorschäden als reine Wissenserklärung darstellen und damit hinsichtlich deren Vorliegens die Gewährleistung (bis zur Grenze der Arglist) ausgeschlossen ist. Ein solcher (partieller) Gewährleistungsausschluss begegnet – gerade im Geschäftsverkehr zwischen einem (Schein)Unternehmer und einer Unternehmerin – keinen durchgreifenden Bedenken.
Nach dem allgemeinen Empfängerhorizont gemäß §§ 133,157 BGB bezieht sich diese Klausel auch auf sämtliche Vorschäden und nicht nur auf Unfallschäden im engeren Sinn. Denn der Begriff „Unfallfreiheit“ wird in dem Satz nach den „Beschädigungen“ verwendet und war objektiv betrachtet als Synonym gemeint, was sich insbesondere aus dem Zusatz „(Rahmenschaden etc.)“ erschließt. Hierfür spricht auch, dass die Beklagte als Zwischenhändlerin ihre Haftung hinsichtlich von Beschädigungen objektiv soweit möglich auf die Weitergabe der Wissenserklärung der Vorbesitzerin beschränken wollte. Denn sie hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Fahrzeug rein zum Zweck des Weiterverkaufs erworben worden ist. Daher kann dahinstehen, ob ein Hagelschaden als Unfallschaden anzusehen ist.
c) Die Beklagte kann sich auf den insoweit vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen, denn es wurde keine abweichende Beschaffenheitsvereinbarung getroffen.
Das Landgericht ist unter Würdigung der erhobenen Beweise – für den Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindend (s. o.) – zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Kläger durch den Mitarbeiter der Beklagten die Unfall- und Mängelfreiheit des streitgegenständlichen Pkw nicht zugesichert worden ist. Soweit der Kläger die Zeugenaussagen allgemein in Zweifel zieht, ohne konkrete Fehler der Beweiswürdigung aufzuzeigen, kann damit wie dargelegt kein erfolgreicher Berufungsangriff geführt werden.
d) Ein arglistiges Handeln der Beklagten ist nicht feststellbar, weitere Beweise sind nicht zu erheben.
(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trifft den Gebrauchtwagenhändler keine generelle, anlassunabhängige Obliegenheit, das Fahrzeug vor dem Verkauf umfassend zu untersuchen. Vielmehr kann er zu einer Überprüfung des Fahrzeugs nur aufgrund besonderer Umstände, die für ihn einen konkreten Verdacht auf Mängel begründen, gehalten sein, etwa dann, wenn er die Vorschädigung eines zu veräußernden Fahrzeugs kennt. Abgesehen von diesen Fällen ist der Händler grundsätzlich nur zu einer fachmännischen äußeren Besichtigung („Sichtprüfung“) verpflichtet (BGH, Urteil vom 15.04.2015 – VIII ZR 80/14, Rn. 14, juris).
Das Tatbestandsmerkmal der Arglist in § 444 BGB erfasst nicht nur ein Handeln des Verkäufers, das von betrügerischer Absicht getragen ist, sondern auch Verhaltensweisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines „Fürmöglichhaltens und Inkaufnehmens“ reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muss. Voraussetzung für ein vorsätzliches Verschweigen eines Mangels ist jedoch stets, dass der Verkäufer den konkreten Mangel kennt oder zumindest für möglich hält (BGH, Urteil vom 16. 03. 2012 − V ZR 18/11, Rn. 24, beck-online).
Zwar geht ein Kaufinteressent, der sich an einen Händler wendet, regelmäßig davon aus, dass der Kraftfahrzeughändler die Frage eines möglichen Unfallschadens oder eines Unfallverdachts vor dem Verkauf zumindest in gewissem Umfang geprüft hat. Ein Verkäufer, der in Kenntnis dieser Erwartungen eine einfache Sichtprüfung des Fahrzeugs unterlässt, handelt indes nur dann arglistig, wenn eine korrekte Sichtprüfung konkrete Anhaltspunkte für einen Unfallverdacht ergeben hätte (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25.10.2010 – 4 U 71/09, Rn. 36, juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20. Mai 2020 – 9 W 10/20, Rn. 18, juris).
(2) Gemessen an diesen Anforderungen ist der Vortrag des Klägers zu einem arglistigen Handeln der Beklagten nicht ausreichend.
Vorliegend wird die Pflichtverletzung auf eine fehlende Sichtprüfung (und einen fehlenden Hinweis hierauf) gestützt. Hierzu gehört der Vortrag, dass der Unfallschaden bei einer solchen auch ohne Weiteres hätte erkannt werden können. Denn wenn der Unfallschaden nicht im Rahmen einer (geschuldeten) Sichtprüfung hätte erkannt werden können und müssen, hätte die Beklagte hierauf auch nicht hinweisen können. Im Fall einer fehlenden Erkennbarkeit fehlt es daher an einer Kausalität des Unterlassens für den geltend gemachten Schaden, denn selbst wenn die Sichtprüfung durchgeführt worden wäre, hätte sich hieraus keine Konsequenz ergeben. Zumindest fehlt es nach den dargelegten Grundsätzen an einer entsprechenden Arglist.
Zwar trägt der Kläger entgegen den Feststellungen des Landgerichts vor, die sehr gravierenden Mängel wären bei einer Sichtprüfung „evident“ und damit erkennbar gewesen (AS I 241). Die von ihm zur Substantiierung herangezogenen Lichtbilder und gutachterlichen Stellungnahmen stehen hierzu aber im Widerspruch. Damit findet der entsprechende Sachvortrag des Klägers in den in Bezug genommenen Anlagen keine Stütze.
Aus den vorgelegten Lichtbildern lassen sich keine Rückschlüsse auf einen Hagelschaden oder einen sonstigen Unfallschaden ziehen. Sie sind nicht aussagekräftig.
In der Stellungnahme des Zeugen I. heißt es, anhand der Lackschichtdickenmessung könne man erkennen, dass hinten links an der Seitenwand und hinten rechts Nachlackierungen durchgeführt worden seien. Ebenso habe der PKW nach seiner langjährigen Erfahrung als Lackierermeister einen Hagelschaden. Hieraus ergibt sich dementsprechend gerade keine offensichtliche Sichtbarkeit der Vorschäden.
Dies wird aus dem Kurzgutachten des Sachverständigen G… besonders deutlich. Dort heißt es, die Nachlackierungen im Heckbereich insbesondere an den Seitenwänden links und rechts ließen vermuten, dass das Fahrzeug einen nicht unerheblichen Heckschaden erlitten habe. An der Motorhaube seien an den Verstrebungen leichte Deformationen erkennbar, wie sie typischerweise beim Drücken von Hageldellen entstünden. Es heißt aber auch, aus sachverständiger Sicht seien die Reparaturarbeiten größtenteils fachgerecht ausgeführt worden, nur an der Seitenwand rechts sei der Lack etwas matt/fleckig. Der Sachverständige beziffert die Reparaturkosten auf 3.610 € (mit USt), wobei in dieser Schätzung 780 € für den fälligen Service und 1.417 € für die Windschutzscheibe enthalten sind. Die Lackierarbeiten werden also in Höhe von 1.413 € beziffert, wobei in der Kostenschätzung keine Aufwendungen zur Beseitigung des behaupteten Hagelschadens enthalten sind. Die merkantile Wertminderung wird mit 300 € geschätzt.
Nach diesen Ausführungen kann schon nicht von gravierenden Mängeln die Rede sein. Erst recht lässt sich angesichts der laut den Feststellungen des Parteigutachters (im Wesentlichen) sachgerecht durchgeführten Reparaturarbeiten kein Rückschluss darauf ziehen, dass die behaupteten Mängel bei einer Sichtprüfung ohne weiteres erkennbar gewesen wären. Der Hagelschaden war (fachgerecht) beseitigt, der Heckschaden (im Wesentlichen) repariert.
Demgemäß fehlt substantiierter Vortrag dazu, welcher „Mangel“ genau bei einer Sichtprüfung erkennbar gewesen sein soll.
(3) Schließlich besteht grundsätzlich keine Offenbarungspflicht in Bezug auf Mängel, die für den Käufer offenkundig oder zumindest bei einer Besichtigung ohne Weiteres erkennbar sind (BeckOGK/Stöber, BGB, Stand: 1.8.2022, § 444 Rn. 50, beck-online).
Soweit der Vortrag des Klägers so zu verstehen sein soll, dass einem durchschnittlichen Händler bei einer Sichtprüfung die Schäden hätten auffallen müssen, so fehlt es von vorneherein an einer Hinweispflicht der Beklagten. Denn nach den unangegriffenen Feststellungen des Landgerichts gerierte sich der Kläger der Beklagten gegenüber ebenfalls als Händler und muss sich demgemäß auch als solcher behandeln lassen. Damit fehlt es im vorliegenden Fall an einem eine Hinweispflicht begründenden Informationsgefälle, soweit es um Mängel geht, die für einen durchschnittlichen Händler bei einer Besichtigung augenfällig waren.
(4) Der vorliegende Fall ist daher von vornherein nicht mit der klägerseits zur Berufungsbegründung herangezogenen Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe, Beschluss vom 20.05.2020 – 9 W 10/20, vergleichbar, so dass es keiner Entscheidung bedarf, ob es für die Annahme einer Arglist überhaupt ausreichend ist, dass sich dem Verkäufer die mangelbegründenden Umstände hätten aufdrängen müssen (vgl. hierzu BeckOGK/Stöber, BGB, Stand: 1.8.2022, § 444 Rn. 46, beck-online).
(5) Dass die weitere Klausel „Kauft das nachstehende Fahrzeug gebraucht, wie ausgiebig besichtigt, unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung und Sachmängelhaftung“ in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten entgegen der Auffassung des Landgerichts unwirksam sein dürfte (vgl. hierzu BGH, Versäumnisurteil vom 19.09.2007 – VIII ZR 141/06, Rn. 13), ist nicht von Belang.
2. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB wegen einer falschen Weitergabe der Informationen der Vorbesitzerin hinsichtlich von Beschädigungen. Denn aus den Angaben der Vorbesitzerin ergaben sich gerade keine Hinweise auf Beschädigungen.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt eine Angabe in einem Bestellformular „Unfallschäden lt. Vorbesitzer Nein“ eine Wissensmitteilung dar, mit der die Beklagte die Angaben des Vorbesitzers wiedergibt. Eine solche Wissensmitteilung hat die Bedeutung, dass die Verkäuferin gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB dafür haftet, dass sie die Angaben des Vorbesitzers richtig und vollständig wiedergibt (vgl. nur BGH, Urteil vom 12.03.2008 – VIII ZR 253/05, Rn. 16, juris).
b) Die hier gewählte Formulierung „Angaben über Beschädigungen und KM-Stände werden wie vom Vorbesitzer ausgesagt weitergegeben“ stellt dementsprechend eine Verpflichtung zur Weitergabe einer reinen Wissensmitteilung dar.
Aus der zweitinstanzlich vorgelegten Gebrauchtfahrzeugbewertung nach DAT-System der A… vom 08.01.2019 ergab sich gerade kein Vorschaden, denn in dem Formular heißt es „Vorschaden unbekannt“. Die Bewertung erfolgte ausweislich der vorgelegten Anlage „auf Basis der Marktbeobachtung der DAT Deutschland und unter Berücksichtigung der mitbewerteten Ausstattung sowie der angegebenen wertbeeinflussenden Faktoren“. Da bestehende (Vor)Schäden auf dem Gebrauchtwagenmarkt zweifelsfrei wertbeeinflussend sind, lässt sich daraus der Rückschluss ziehen, dass solche von der Vorbesitzerin im Rahmen der Bewertung jedenfalls nicht erkannt wurden.
Auch aus dem HU-Untersuchungsergebnis vom 16.11.2018 ergaben sich keine Hinweise auf Vorschäden.
Da Beschädigungen von der Vorbesitzerin nicht mitgeteilt worden sind, konnten solche auch nicht von der Beklagten offenbart werden.
3. Schadensersatzansprüche aus §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB scheitern am fehlenden Nachweis einer Arglist, deliktische Ansprüche aus §§ 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB und § 826 BGB kommen mangels (nachweisbaren) Vorsatzes der Beklagten nicht in Betracht.
4. Der Kläger hat nach all dem auch keinen Anspruch auf Ersatz des weiter geltend gemachten Schadens in Höhe von 521 € (wobei es hier entgegen den Ausführungen des Landgerichts nicht um außergerichtliche Anwaltskosten geht). Zur Begründung wird auf die obigen Ausführungen unter den Ziffern 1 – 3 verwiesen.
III.
Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).