AG Schöneberg, Az.: 6 C 428/09, Urteil vom 23.11.2011
1. Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Schöneberg vom 07. Dezember 2009 zur Geschäftsnummer 6 C 427/09 wird im Tenor zu 1. aufrechterhalten, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger 136,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.Oktober 2009 zu zahlen und im Tenor zu 3. soweit aufrechterhalten, als die Beklagte verurteilt worden ist, den Kläger von seiner Kostentragungspflicht gegenüber seinen Prozessbevollmächtigten in Höhe eines Betrages von 39,00 EUR freizustellen.
2. Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte vorab die durch ihre Säumnis entstandenen Kosten zu tragen. Von den übrigen Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 86 % und die Beklagte14 %
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleitung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist Eigentümer eines Pkw Fiat 194, Croma Kombi, mit dem amtlichen Kennzeichen B – …, mit dem er am 22. Februar 2009 bei Eisglätte gegen ein Tor rutschte und dabei die vordere Stoßstange beschädigte. Er erteilte der Beklagten den Auftrag, den Lackschaden zu reparieren. Die Beklagte lackierte den Schaden und am 09. April 2009 holte der Kläger sein Fahrzeug ab.
Bei Abholung vereinbarte man einen weiteren Termin für den 15. April 2009, der wegen Urlaubs des Lackierers verschoben wurde.
Am 19. April 2009 wurde das Fahrzeug des Klägers während eines Flohmarktbesuchs auf dem Parkplatz an der hinteren Stoßstange beschädigt.
Am 04. Mai 2009 brachte er sein Fahrzeug erneut bei der Beklagten vorbei, damit der Schaden an der hinteren Stoßstange behoben wird sowie zur Beseitigung von Mängeln an der vorderen Stoßstange. Am 11. Mai 2009 übergab die Beklagte dem Kläger das Fahrzeug lackiert.
Der Kläger bat die Beklagte um Behebung von Farbabweichungen. Bei einem Termin am 17. Juli 2009 verweigerte der Prokurist der Beklagten weitere Arbeiten. Am 28. August 2009 bestätigte der Prokurist nochmals am Telefon, dass keine weiteren Arbeiten ausgeführt werden würden.
Die D.A. GmbH erstellte im Auftrag des Klägers am 10. September 2009 einen Lackschadenbericht und bestätigte darin, dass die lackierten Stoßfänger bei Lichtwechsel (Tageslicht/Kunstlicht) eine optisch erkennbare Farbtondifferenz und unter dem Auflichttaschenmikroskop eine abweichende Pigmentierung aufweisen sowie, dass der vordere Stoßfänger links und rechts am Übergang zum Kotflügel nicht passe und nicht ordnungsgemäß montiert sei.
Laut Kostenvoranschlag der F.A.V. GmbH vom 22. September 2009 verursacht die Neulackierung der beiden Stoßfänger Kosten von 788,02 EUR netto (Bl. 16 d.A.). Der Kläger forderte die Beklagten vergeblich durch Anwaltsschreiben zur Zahlung bis zum 02.Oktober 2009 auf.
Der Kläger behauptet, als er am 09. April 2009 sein Fahrzeug bei der Beklagten abholte, habe er festgestellt, dass die Neulackierung nicht mit dem Farbton des übrigen Fahrzeugs übereinstimme. Dies habe er sogleich moniert. Außerdem sei die Stoßstange fehlerhaft montiert. Spaltmaße und Fluchten würden bis zu 7,00 mm abweichen. Die Motorabdeckung habe gefehlt. Sowohl vordere als auch hintere Stoßstange seien zu hell lackiert. Wegen der mangelhaften Lackierung müsse er eine Wertminderung hinnehmen.
Die Beklagte ist durch Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren vom 07. Dezember 2009 verurteilt worden, an den Kläger 788,02 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03. Oktober 2009 zu zahlen. Ferner wurde festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jedweden künftigen Schaden zu ersetzen, der ihm im Zusammenhang mit der Beseitigung der Mängel an der von der Beklagten durchgeführten Lackierung am vorderen und hinteren Stoßfänger des Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen B … über den geltend gemachten Betrag hinaus entsteht und den Kläger von seiner Kostentragungspflicht gegenüber seinen Prozessbevollmächtigten in Höhe eines Betrages von 155,30 EUR freizustellen. Die Beklagte hat eingehend bei Gericht am 10. Dezember 2009 gegen das ihr am 10. Dezember 2009 zugestellte Versäumnisurteil Einspruch eingelegt.
Der Kläger beantragt, das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, die Lackierung des vorderen und des hinteren Stoßfängers des Fahrzeugs Fiat 194, Croma Kombi, amtliches Kennzeichen B … so zu erneuern, dass diese keine optisch erkennbare Farbtondifferenz zu den übrigen lackierten Teilen des Fahrzeugs aufweisen und den vorderen Stoßfänger dergestalt ordnungsgemäß zu montieren, dass dieser links und rechts am Übergang zum Kotflügel passgerecht sitzt.
Die Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, sie habe für die Stoßfänger den herstellerseitigen Originallack verwendet. Das Fahrzeug sei offenbar nachlackiert, denn Motorhaube und linker Kotflügel wiesen eine erhöhte Lackdicke auf. Sie habe vor der Lackierung Proben gefertigt. Der Kläger sei mit der Lackierung zufrieden gewesen und habe diese erst einige Tage später bemängelt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlage ergänzend Bezug genommen.
Das Gericht hat gemäß Beschluss vom 10. März 2010 (Bl. 72-73 d.A.) und Beschluss vom 20. Dezember 2010 (Bl. 131 d.A.) Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die das schriftliche Gutachten des Sachverständigen C.W. vom 29. Juli 2011 (Bl. 85-108 d.A.) sowie die ergänzende Stellungnahme vom 20. Juli 2011 (Bl. 142-153 d.A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Der form- und fristgerecht eingelegte Einspruch der Beklagten hat in der Sache überwiegend Erfolg und führt zur teilweisen Aufhebung des Versäumnisurteils. Die Klage ist nur zu einem Teil begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 136,00 EUR zu. Weitergehende Schadensersatzansprüche hat er nicht.
Dem Kläger ist der Beweis, die von der Beklagten durchgeführte Lackierung der beiden Stoßfänger seines Fahrzeugs sei mangelhaft, nicht gelungen. Jedenfalls ist das Gericht nach der durchgeführten Beweisaufnahme nicht von der Mangelhaftigkeit überzeugt. Der Sachverständigen W. hat ausgeführt, dass die Beklagte bei der Lackierung zwar nicht den Originallack verwendet hat, den F. für seine Fahrzeuge verwendet. F. verwendet Lacke der Firma A.N., während die Beklagte nach ihren Angaben für das Nachlackieren Lack der Firma S-H. verwendet hat. Die Abweichungen im Farbton zwischen den Kotflügeln und den Stoßfängern stellen hier aber keinen Mangel dar. Sie sind jeweils nur geringfügig und nicht bei allen Lichtverhältnissen zu erkennen. Eine 100-%ige Übereinstimmung bei Nachlackierungen ist nicht immer zu erreichen. Dies ergibt sich aus den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen W., dem sich das Gericht nach eigener Prüfung anschließt. Bei der Besichtigung des Fahrzeugs konnte der Sachverständige am 24. Mai 2011 mit bloßem Auge bei natürlichen Lichtverhältnissen nicht immer einen Farbunterschied erkennen und wenn, dann nur ein leichten, geringfügigen. Insbesondere bei Sonnenlicht und unterschiedlicher Betrachtungsweise, teilweise aus der Hocke heraus oder schräg zum Fahrzeug waren leichte Farbunterschiede erkennbar. Bei Kunstlicht vermochte der Sachverständige demgegenüber keine Farbunterschiede auszumachen und bei Tageslichtneonröhren konnten vorn rechts ein Unterschied im Farbton zwischen Stoßfänger und Kotflügel und hinten links ein leichter Unterschied festgestellt werden. Diese Feststellungen des Sachverständigen werden gestützt durch das Ergebnis des Auflichttaschenmikroskops. Unter dem Auflichttaschenmikroskop konnte der Sachverständige bei den verschiedenen Bauteilen keine wesentliche Abweichung der Pigmentierung zwischen den von der Beklagten lackierten Teilen und dem übrigen Fahrzeug feststellen, was durch die beiden Fotos bei seiner ergänzenden Stellungnahme belegt wird. Auch aus dem Merkblatt für Ausbesserungen von Uni- und Effektlackierungen ergibt sich, dass eine 100 %ige Farbton- und Effektübereinstimmung bei Reparaturlackierungen nicht in allen Fällen möglich ist und es sogar fertig gemischte Lacke gibt, die farblich nicht zum übrigen Fahrzeuglack passen. Zu berücksichtigen ist ferner, dass Kotflügel und Stoßfänger aus unterschiedlichen Materialien bestehen und unterschiedliche Untergründe dazu beitragen können, dass eine Lackierung anders wirkt. Gleiches gilt bei unterschiedlichem Lichteinfall und unterschiedlichen Blickwinkeln. Folglich ist es unerheblich, ob nach den Ausführungen des Sachverständigen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der rechte vordere Kotflügel ausgetauscht und der Lack auf das Neuteil dünner aufgetragen worden ist und die Lackschichtdicke am vorderen linken Kotflügel auf eine Nachlackierung schließen lässt.
Allerdings hat der Sachverständige bestätigt, dass die vordere Stoßstange von der Beklagten nicht fachgerecht montiert worden ist, denn sie weist leichte Spaltmaßdifferenzen auf. Für die fachgerechte Neumontage des vorderen Stoßfängers kann der Kläger von der Beklagten einen Betrag von 136,00 EUR verlangen. Aus dem von ihm eingereichten Kostenvoranschlag der Firma F.A.V. GmbH vom 22.09.2009 ergibt sich, dass Ein- und Ausbau des vorderen Stoßfängers Kosten von 76,50 EUR netto und der Ein- und Ausbau der Anbauteile des Stoßfängers 51,00 EUR netto verursachen. Das Gericht hat zu diesen beiden Beträgen noch 0,1 feste Zeiten zu 8,50 EUR netto addiert, so dass sich ein Betrag von 136,00 EUR errechnet.
Der Feststellungsantrag ist unbegründet. Es ist nicht ersichtlich, welche weiteren Schäden dem Kläger aus der nicht fachgerechten Montage des vorderen Stoßfängers noch entstehen können, insbesondere dann nicht, wenn der Stoßfänger neu und fachgerecht montiert wird. Etwaige weitere Wertminderungen dadurch werden von ihm auch nicht weiter vorgetragen, obwohl der Kläger mittlerweile ein weiteres Gutachten eingeholt hat.
Die Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten kann der Kläger nur nach einem Gegenstandswert von 136,00 EUR verlangen, denn die Beklagte hatte die Nachbesserung endgültig verweigert. Bei einer 1,3 Geschäftsgebühr und der Auslagenpauschale belaufen sich die Anwaltskosten auf 39,00 EUR.
Zinsen rechtfertigen sich aus §§ 286, 288 BGB in Verbindung mit dem Anwaltsschreiben vom 28. September 2009.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 344 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.