Fahrzeugkauf mit verborgenen Mängeln: Käufer erhält Teilrückzahlung
In einem aufsehenerregenden Fall ging es um die Frage, ob ein Verkäufer seinen Kunden über den Austausch eines Fahrzeugmotors vor dem Verkauf informieren muss. Die Sache wurde zu einem Rechtsstreit, als der Käufer entdeckte, dass das Fahrzeug, ein Vorführwagen, bereits vor dem Verkauf einen Austauschmotor erhalten hatte – eine Tatsache, die der Verkäufer nicht mitgeteilt hatte.
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Übersicht
Hintergrund des Streits
Der Käufer hatte einen Hyundai Tucson Kombi erworben, dessen Motor kurz nach dem Kauf defekt war. Bei der daraufhin notwendigen Reparatur wurde ein Austauschmotor eingebaut. Später entdeckte der Käufer durch einen Zufall, dass bereits vor dem Verkauf ein Motoraustausch stattgefunden hatte. Der Käufer fühlte sich getäuscht und behauptete, dass die Information über den Motoraustausch eine offenbarungspflichtige Tatsache sei. Er hätte das Fahrzeug nicht gekauft, hätte er von dem Austausch gewusst.
Der Prozess und die Argumente der Parteien
Daraufhin forderte der Käufer die Teilrückzahlung des Kaufpreises und zog vor Gericht, nachdem der Verkäufer sich weigerte, zu zahlen. Der Käufer argumentierte, dass der vorherige Motoraustausch sich negativ auf den Verkaufswert auswirkt und eine Minderung von 1.200,00 € angemessen sei.
Auf der anderen Seite behauptete der Verkäufer, dass der eingebaute Motor nicht einfach ein Austauschmotor, sondern ein völlig neuer Motorblock war, qualitativ identisch mit dem Motor eines fabrikneuen Fahrzeugs. Daher begründe das keinen Sachmangel und das Fahrzeug sei nicht weniger wert. Eine Offenbarungspflicht verneinte der Verkäufer.
Der Ausgang des Verfahrens
Das Gericht entschied zugunsten des Käufers. Es verurteilte den Verkäufer, an den Käufer 1.200,00 € sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 201,71 € zu zahlen. Darüber hinaus muss der Verkäufer die Kosten des Rechtsstreits tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Verkäufer kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Käufer vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Diese Entscheidung betont die Wichtigkeit der Offenbarungspflicht bei Verkäufen und sendet eine klare Botschaft an alle Verkäufer, die Details wie einen Motoraustausch verschweigen möchten: Der Käufer hat das Recht, über alle relevanten Aspekte des Produkts informiert zu werden.
AG Andernach – Az.: 69 C 379/19 – Urteil vom 23.12.2020
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.200,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2019 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 201,71 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.07.2019 zu zahlen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten Teilrückzahlung des Kaufpreises wegen Nichtaufklärung über den Austausch des Motorblocks im Zuge des Kaufs eines PKWs.
Mit Vertrag vom 02.11.2017 verkaufte die Beklagte an den Kläger den PKW Hyundai Tucson Kombi 2,0 CRDI mit der Fahrzeugidentnummer … zum Preis von brutto 34.000,00 €. Das Fahrzeug war ein Vorführwagen der Beklagten, welche ein Autohaus in Andernach betreibt. Erstzulassung des Fahrzeugs war am 29.05.2017. Am 08.11.2017 hatte der PKW einen Kilometerstand von 700 km. Im Frühjahr 2018 wies der Motor des Fahrzeugs bei einem Kilometerstand von 18.000 km einen Defekt auf. Die Beklagte baute im Wege der Gewährleistung einen Austauschmotor ein. Aufgrund eines anderen Problems stellte der Kläger in der Folge das Auto bei der Firma … in … vor. Dort wurde festgestellt, dass der Motor des Fahrzeugs bereits vor Abschluss des Kaufvertrages zwischen den Parteien bei einem Kilometerstand von 350 km schon einmal ausgetauscht wurde. Dies hatte die Beklagte dem Kläger bei Abschluss des Kaufvertrages nicht mitgeteilt.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 22.01.2019 forderte der Kläger die Beklagte zur Nacherfüllung unter Fristsetzung bis zum 06.02.2019 auf. Dies lehnt die Beklagte ab, sodass der Kläger mit Schreiben vom 18.02.2019 die Minderung des Kaufpreises erklärte und die Beklagte zur Zahlung von 1.200,00 € bis zum 28.02.2019 aufforderte. Auch dies lehnte die Beklagte ab.
Der Kläger ist der Ansicht, der Motortausch vor Abschluss des Kaufvertrages sei eine offenbarungspflichtige Tatsache. Infolge des Austauschs seien Schraubverbindungen etc. nicht mehr in originalem Zustand und die Angabe bei Veräußerung wirke sich negativ auf den Verkaufswert aus. Der Kläger behauptet, das Fahrzeug nicht gekauft zu haben, hätte er von dem Austausch gewusst. Jedenfalls sei eine Minderung von 1.200,00 € angemessen.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.200,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2019 zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 201,71 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, es sei nicht lediglich ein Austauschmotor, sondern vielmehr ein völlig neuer Motorblock vor Kaufvertragsschluss in den PKW eingebaut worden, was qualitativ völlig identisch mit dem Motor eines fabrikneuen KFZs sei. Dies begründe keinen Sachmangel, daher sei das Fahrzeug auch nicht weniger wert. Eine Offenbarungspflicht gebe es nicht. Der Kläger habe infolge eines Händlernachlasses von rund 10.000,00 € ein Schnäppchen gemacht.
Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß dem Beweisbeschluss vom 20.12.2019 (Bl. 62 f. d.A.) durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das schriftliche Gutachten vom 05.06.2020 (Bl. 85 ff. d.A.), das Ergänzungsgutachten vom 29.07.2020 (Bl. 122 ff. d.A.) sowie die Sitzungsniederschrift vom 25.11.2020 (Bl. 170 ff. d.A.).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 1.200,00 € gemäß §§ 437 Nr. 2 Alt. 2, 441, 323, 346 BGB bzw. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB.
Die Beklagte hat ihre vertraglichen Aufklärungs- und Informationspflichten verletzt, indem sie den Kläger vor Abschluss des Kaufvertrages nicht darüber informierte, dass der Motorblock des Fahrzeugs bei einem Kilometerstand von 350 km ausgetauscht worden ist. Der Kläger hat wegen der Mangelhaftigkeit des PKWs ein Minderungsrecht, soweit an dem Fahrzeug infolge des Austauschs des Motorblocks ein merkantiler Minderwert entstanden ist.
Der Beklagten oblag hinsichtlich des Kaufvertragsabschlusses die Nebenpflicht, den Kläger darüber aufzuklären, dass der Motorblock des PKWs bei einem Kilometerstand von 350 km ausgetauscht wurde.
Der Verkäufer muss Umstände, die für den Entschluss eines verständigen Käufers von wesentlicher Bedeutung sind, von sich aus offenbaren, wenn er sie selbst kennt oder für möglich hält (BGH, Urteil vom 07.03.2003, V ZR 437/01, NJW-RR 2003, 989; BGH, Urteil vom 15.06.2012, V ZR 198/11, NJW 2012, 2793; Weidenkaff in Palandt BGB, 79. Auflage 2020, § 433 Rn. 23). Der Käufer ist auf die Informationen des Verkäufers angewiesen. Die Kenntnis des Verkäufers ist in der Regel die einzige Informationenquelle, die dem Käufer Aufschluss über Zustand und Beschaffenheit des Kaufgegenstands geben kann.
Der Austausch des Motorblocks ist eine für jeden verständigen Käufer maßgebliche Information beim Abschluss eines PKW-Kaufvertrages. Dies gilt unabhängig davon, ob der PKW neu oder gebraucht ist. Der Motor ist eines der wesentlichsten Teile an einem Kraftfahrzeug. Er ist nicht nur Antriebsmaschine, mit ihm hängen viele weitere wichtige Komponenten, z.B. Zylinderkopf und Ölwanne, zusammen. Der Austausch des Motorblocks erfolgt nicht ohne Grund, sodass dies für einen potenziellen Käufer maßgebliches Kriterium sein kann, um einzuschätzen, welche Risiken mit dem Erwerb dieses Fahrzeugs verbunden sind. Für das streitgegenständliche Fahrzeug gilt dies im Besonderen, soweit der Austausch bei einem Kilometerstand von lediglich 350 km erfolgte und der PKW zu diesem Zeitpunkt noch keine sechs Monate zugelassen war. Da die Beklagte den Motorblock selbst getauscht hat, wusste sie um diesen Umstand. Sie hätte den Kläger vor Abschluss des Kaufvertrages über den vorgenommenen Austausch informieren müssen. Dass sie dies unterließ, hat sie zu vertreten, § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB.
Soweit die Beklagte dem entgegnet, Ausbau, Zerlegung und Wiedereinbau des Motors sei ein Vorgang, der auch im Herstellerwerk im Rahmen der Qualitätskontrolle und Nacharbeit erfolge und keine Hinweispflicht begründe, ist dies mit dem Austausch im Wege der Reparatur nicht vergleichbar. Auch wenn die Arbeitsweise insoweit identisch ist und der Austausch durch eine qualifizierte Fachwerkstatt erfolgt, ist der Grund von Aus- und Einbau ein wesentlich anderer.
Bei Austausch nach Fahrzeugzulassung und -nutzung muss es einen Anlass bzw. Begleitumstände gegeben haben, die den Motor haben ausfallen lassen. Diese müssen derart erheblich gewesen sein, dass die bloße Reparatur nicht ausreichte. Dieses dem PKW somit innewohnende – wenn auch gefühlte – Risiko, rechtfertigt eine eigenständige Offenbarungspflicht.
Der Austausch des Motorblocks hat einen merkantilen Minderwert des PKWs zur Folge, welcher einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB begründet.
Eine Sache ist gemäß § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB mangelbehaftet, wenn sie sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art unüblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache nicht zu erwarten vermag.
Nicht nur der technische, auch der merkantile Minderwert des Kaufgegenstands kann einen Sachmangel darstellen. Ein merkantiler Minderwert liegt vor, wenn nach erfolgter Mängelbeseitigung eine verringerte Verwertbarkeit gegeben ist, weil die maßgeblichen Verkehrskreise ein im Vergleich zur vertragsgemäßen Ausführung geringeres Vertrauen in die Qualität des Gegenstands haben (BGH, Urteil vom 06.12.2012, VII ZR 84/10, NJW 2013, 525 m.w.N.). Der Verkauf gehört regelmäßig zur gewöhnlichen Verwendung, sodass Umstände, die sich negativ auf die Verkäuflichkeit auswirken, ebenfalls eine Abweichung des Ist- vom Soll-Zustand zulasten des Käufers darstellen (BGH, Urteil vom 14.01.1971, VII ZR 3/69, NJW 1971, 615; BGH, Urteil vom 06.12.2012, VII ZR 84/10, NJW 2013, 525).
Der Sachverständige hat in seinem Gutachten einen merkantilen Minderwert infolge des Austauschs bejaht.
Er erläutert, bei dem Motorblock handele es sich nicht um den gesamten Motor. Im Gegensatz zum Austauschmotor würden bei Austausch des reinen Motorblocks in der Anzahl erheblich mehr Schraubverbindungen gelöst und Bauteile demontiert und montiert, als dies bei kompletter Erneuerung des Motors der Fall wäre.
Durch den Umstand, dass ein potenzieller Käufer eines Gebrauchtwagens den Grund nicht kenne, warum der Motorblock erneuert wurde sowie auch die Unkenntnis über den Zustand der umliegenden Bauteile, ob diese eventuell auch beginnend beschädigt seien, was sich erst im späteren Zeitverlauf zeigen könne, verbleibe ein gewisses Misstrauen gegenüber einer solchen Reparaturmaßnahme. Auch die Frage, ob das Zerlegen und Zusammenfügen des Motors handwerklich sach- und fachgerecht erfolgt sei, sei für einen Laien als Käufer nicht zu überschauen. Dies führe in Gesamtheit zu einem gewissen Misstrauen und damit zu einer Käuferzurückhaltung gegenüber einem solchen Fahrzeug, welche sich dann nur über eine Kaufpreisminderung (merkantiler Minderwert) kompensieren lasse.
Dementgegen sei auch zu berücksichtigen, dass der Fahrzeughersteller für das Fahrzeug eine fünfjährige Garantie gewähre und sich ein eventuelles Risiko für die getätigten Maßnahmen nach relativ kurzer Zeit verwirklichen würde, sodass – wenn die Reparatur von einer vom Hersteller autorisierten Werkstatt durchgeführt worden sei – eine Kaufpreiszurückhaltung zum Teil entkräfte und die Höhe der merkantilen Wertminderung reduziere.
Das Gericht folgt den Ausführungen des Sachverständigen, die von Sachkunde getragen sind. Die Beweisfragen hat der Sachverstände präzise beantwortet. Er hat eine Zurückhaltung potenzieller Käufer und den dadurch zu erwartenden Kaufpreisabschlag schlüssig und nachvollziehbar dargestellt.
Die Beklagte wendet ein, alleine mit einem Misstrauen in Bezug auf eine handwerklich fachgerechte Ausführung sei ein merkantiler Minderwert nicht zu begründen. Die Erneuerung des Motorblocks sei in ihrem Hause, einer qualifizierten Fachwerkstatt, erfolgt, daher sei von einer sach- und fachgerechten Reparatur auszugehen.
Die ordnungsgemäße Durchführung des Austauschs hat der Sachverständige nicht bestritten. Ein technischer Minderwert sei nicht anzunehmen. Es sei nicht zu beurteilen, ob im konkreten Fall die Haltbarkeit des Fahrzeugs bzw. dessen Motors beeinträchtigt sei, da die jeweiligen Anlässe und Begleitumstände der Motorausfälle sowie die Schadens- und Reparaturumfänge nicht bekannt seien. Er klärt zudem zu wissen, dass die Beklagte qualitativ hochwertige Arbeiten vornehme.
Die Einschätzung des Sachverständigen beruht mithin nicht darauf, dass der Austausch nicht fachgerecht vorgenommen worden sei. Vielmehr sei es die Unwissenheit potenzieller Käufer, die eine Zurückhaltung begründe. Es sei das fehlende Beurteilungsvermögen eines Laien, der die Qualität der Ausführung nicht einschätzen könne und daher zögerlich sei. Zudem ist es der dem Austausch zugrundeliegende Umstand, auf den der Sachverständige die Käuferzurückhaltung stützt. Es muss einen Grund gegeben haben, der den Austausch erforderlich machte und dieser Grund – ob behoben oder nicht – ist es, der möglicherweise die Abstandnahme vom Vertragsschluss, jedenfalls aber die Reduzierung des Kaufpreises zur Folge hat. In laienhaften Worten: „wo einmal ein Fehler war, entsteht eher wieder einer, als dort wo noch keiner gewesen ist“ oder „wo bereits ein Fehler war, sind womöglich auch noch weitere“.
Der merkantile Minderwert ist mit einem Betrag von 1.200,00 € zu bemessen. Der Kläger hat in dieser Höhe einen Schaden erlitten. Der geminderte Kaufpreis beträgt 32.800,00 €.
Bei der Minderung ist der Kaufpreis in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. Die Minderung ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln, § 441 Abs. 3 BGB.
Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden ist und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung, § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Im Rahmen des § 287 Abs. 1 ZPO schätzt das Gericht die Schadenshöhe, wobei in Kauf genommen wird, dass das Ergebnis unter Umständen mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt (BGH, Urteil vom 16.12.1963, III ZR 47/63, NJW 1964, 589).
Unter Berücksichtigung aller dem Gericht zur Bemessung zur Verfügung stehenden Tatsachen, erachtet das Gericht einen Minderungsbetrag von 1.200,00 € für angemessen.
Der Sachverständige ermittelte den Wiederbeschaffungswert des PKW zum Stichtag 02.11.2017 mit einem bundesweiten Durchschnittswert in Höhe von 33.792,85 €. Aus technischer Sicht lasse sich darstellen, dass der Kaufpreis in Höhe von 34.000,00 € für ein Fahrzeug, dessen Motorblock nicht getauscht worden ist, marktkonform gewesen sei. Infolge des Umstands, dass das Fahrzeug einen Austauschblock erhalten habe, sei der tatsächliche Wert zum Zeitpunkt des Kaufs auf 32.800,00 € zu schätzen. Eine Minderung von 1.200,00 €, mithin 3,5 % des Kaufpreises, sei technisch nicht zu beanstanden.
Zutreffend enthält das Gutachten keine vergleichbare Darstellung von Preisen, die Kunden für einen PKW mit und ohne ausgetauschtem Motorblock zahlen würden. Dies macht die Feststellung jedoch nicht unplausibel.
Der Minderwert kann, da er maßgeblich auf einem in den Gedanken des Kunden berücksichtigtem Misstrauen fußt, nur geschätzt werden. Der insoweit gebotenen Schätzung eines Mindestschadens steht es nicht entgegen, dass der Minderwert vom Sachverständigen nicht mit mathematischer Genauigkeit bezeichnet werden kann (BGH, Urteil vom 06.12.2012, VII ZR 84/10, NJW 2013, 525).
Der Sachverständige hat im Zuge der mündlichen Erläuterung dargestellt, wie eine Marktanalyse funktioniert. Eine Marktanalyse erstrecke sich auf den gesamten Markt, mithin sowohl bessere wie auch schlechter ausgestattete PKW. Bei Gebrauchtwagen sei ein gleiches Fahrzeug nie zu finden, immer nur ähnliche. Im oberen Bereich des unteren Drittels liege in der Regel die Nachfrage des Marktes. Dies entspräche jedoch nicht dem tatsächlichen Kaufpreis, sondern dem Angebotspreis, der dann noch der Verhandlung offenstehe. Der Kunde zahle in der Regel nicht den Preis, der auf dem Verkaufsschild stehe. Rabatte seien der Regelfall. Der tatsächliche Kaufpreis liege in der Regel fünf bis zehn Prozent unter dem annoncierten Preis. Ob und wie sich ein bestimmtes Merkmal eines PKWs im einzelnen Verkaufsgespräch auswirke, sei abhängig vom Geschmack und persönlichen Empfinden des jeweiligen Kunden. Der Sachverständige erläutert dies anhand des Merkmals „Lederausstattung“.
Daraus lässt sich für den vorliegenden Fall ableiten, dass ein für jeden Fall anzusetzender Betrag nicht festzulegen ist. Wie sich der Umstand, dass bei einem niedrigen Kilometerstand bereits ein Austausch des Motorblocks erforderlich war, im Einzelnen auf die Verkäuflichkeit auswirkt, hängt maßgeblich vom jeweiligen potenziellen Käufer ab. Diese subjektiv geprägte Lage lässt sich nicht in Gänze objektivieren. Dennoch ist insoweit zu berücksichtigen, dass alleine der Wert eines neuen Motors für das streitgegenständliche Fahrzeug ohne Aus-/Einbaukosten, wie aus der Rechnung vom 28.05.2018 (Bl. 14 d.A.) ersichtlich, mehr als 11.000,00 € beträgt und somit fast einem Drittel des Gesamtfahrzeugpreises entspricht. Betrachtet man zudem die Liste von Teilen, die im Zuge des zweiten Austauschs ebenfalls erneuert wurden, so ergibt sich ein Ersatzteilpreis von rund 14.500,00 €. Im Verhältnis zum Verkaufspreis erklärt sich der Umfang einer derartigen Maßnahme und das darauf zurückzuführende Misstrauen.
Soweit die Beklagte darauf verweist, der Kläger habe infolge eines Händlernachlasses von rund 10.000,00 € ein Schnäppchen gemacht, ist dieser hohe Nachlass maßgeblich darauf zurückzuführen, dass der Kläger einen Vorführwagen kaufte (vgl. Bl. 12 d.A.).
In Bezug auf den Wiederbeschaffungswert des PKWs zum Stichtag 02.11.2017 war nicht der vom Sachverständigen im Wege des Ergänzungsgutachtens für den regionalen Markt ermittelte Wert, sondern der bundesweite Durchschnitt zugrunde zu legen.
Der Sachverständige hat für das Gericht überzeugend dargelegt, dass es einen regionalen Markt, wie es ihn früher gegeben habe, heute nicht mehr gibt, sodass dieser nicht als objektive Beurteilungsgrundlage für den vorliegenden Fall dienen kann. Die Grenzen seien schwimmend. Infolge der Digitalisierung und erhöhten Mobilität sei eine Beschränkung auf lokale Händler nahezu nicht mehr vorhanden. Das Ende der KFZ-Suche bedeute das Ende der Tastatur. Im Zweifel würden Internetangebote dem regionalen Händler vorgelegt und auf dieser Grundlage verhandelt. Ansprüche auf die geltend gemachten Nebenforderungen stehen dem Kläger aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 sowie §§ 288, 291 BGB zu. Zur Begleichung des eingeforderten Betrages wurde die Beklagte mit Schreiben vom 18.02.2019 erfolglos unter Fristsetzung bis zum 28.02.2019 aufgefordert. Die Beklagte befindet sich bezüglich der Hauptforderung mithin seit dem 01.03.2019 in Verzug. Die Klageschrift wurde der Beklagten am 08.07.2019 zugestellt. Hinsichtlich der außergerichtlichen Anwaltsgebühren befindet sich die Beklagte somit seit dem 09.07.2019 in Verzug. Die Höhe der Ansprüche folgt aus § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB und §§ 13, 14 RVG in Verbindung mit Nr. 2300, 7002, 7008 VV RVG. Die Rechtsanwaltsgebühren errechnen sich aus einer 1,3-fachen Gebühr nebst Telepauschale und gesetzlicher Umsatzsteuer aus einem Gegenstandswert von 1.200,00 €.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 1.200,00 € festgesetzt.