LG Hannover – Az.: 18 O 224/19 – Urteil vom 15.06.2020
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5000 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 11.01.2020 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger weitere Aufwendungen zu ersetzen, die für die Umrüstung bzw. Ausstattung des Mercedes-Benz E2220 dT, FIN …, des Klägers entstehen, mit dem Audio 20 GPS System – Serienausstattung für das Modelljahr 2018 – das sog. „FLAC“-Music-Dateien abspielen kann und bei dem ein Display für das Navigationssystem in der auf Seite 15 der Anlage K3 wiedergegebenen Bedienungsanleitung entspricht sowie die Hinterlegung einer Adresse zwecks Navigation wie auf Seite 19 der in Anlage K3 wiedergegebenen Bedienungsanleitung möglich ist (entsprechend dem ab November 2017 produzierten Modelljahr 808+058, Änderungsjahr 2017/2, Audio 20 GPS-System NTG 5.5.).
3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 541,44 € der ……………freizustellen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte aus einem Kaufvertrag über ein Kraftfahrzeug auf Zahlung von 5.000 € zuzüglich Zinsen sowie Feststellung der Ersatzpflicht für weitere Aufwendungen zum Einbau eines neueren Audiosystems sowie Freistellung von Rechtsanwaltskosten in Anspruch.
Im Dezember 2018 bestellte der Kläger bei der Beklagten einen gebrauchten Pkw zum Preis von 39.590,10 €. Für die Einzelheiten wird auf das Bestellformular der Beklagten vom 11.12.2018 (Anlagen K1 und 2) Bezug genommen. Das Fahrzeug des Klägers wurde im Oktober 2017 produziert. Die von der Beklagten formulierte Bestellung enthält u. a. die vereinbarten Ausstattungsmerkmale „Audio 20“ und „Euro 6 C Modelljahr 808“. Das Modeljahr 808 bezieht sich auf das Jahr 2018 (Bl. 4 d.A.).
Nach der Übergabe des Fahrzeugs am 21.12.2018 stellte der Kläger fest, dass nicht das keine „FLAC“ Musik-Dateien abspielbar waren, das Navigationssystem in abweichender Form vorhanden und die Hinterlegung einer Adresse zwecks Navigation nicht möglich war. Dabei bezieht sich der Kläger auf einen Vergleich mit einer von der Beklagten ins Internet gestellten Bedienungsanleitung, mit der er sich vor dem Kauf über Einzelheiten zu dem System Audio 20 GPS informiert hatte (Blatt 4 der Akte).
Grund für diese Differenzen ist, dass im Fahrzeug des Klägers nicht das Audiosystem Audio 20 GPS-System NTG 5.5 verbaut ist, sondern das ältere Audiosystem Audio 20 GPS System NTG 5, das bis Oktober 2017 serienmäßig verbaut wurde (Modelljahr 808, Änderungsjahr 2017/1). Die neuere Variante Audio 20 NTG 5.5 wurde erst ab November 2017 verbaut im Modelljahr 808 + 058, Änderungsjahr 2017/2 (Blatt 29 der Akte). Eine Umrüstung für das Fahrzeug des Klägers ist mit nicht unerheblichem Aufwand verbunden (Blatt 30 der Akte).
Der Kläger wandte sich an die Beklagte und bat diese um entsprechende Umrüstung des Fahrzeuges. Dies lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, dass kein Mangel vorliege und eine Umrüstung auch nicht möglich sei (Blatt 4 der Akte). Der Kläger beauftragte sodann seine jetzigen Prozessbevollmächtigten, die die Beklagte mit Schreiben vom 04.12.2019 unter Fristsetzung bis zum 13.12.2019 zu Mangelbeseitigung aufforderten. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom gleichen Tage ab.
Mit Schriftsatz vom 12.12.2019 hat der Kläger darauf Klage erhoben, die der Beklagten am 10.01.2020 zugestellt worden ist (Blatt 19 der Akte).
Der Kläger meint, u. a. weil mit dem „Modelljahr 808“ unstrittig das Jahr 2018 gemeint sei, ergebe sich aus Seite 5 der Bedienungsanleitung, dass das Fahrzeug mit dem neueren Audio 20 ausgestattet sei, weil es im Zeitraum von April 2017 bis Februar 2018 hergestellt worden sei (Blatt 4 der Akte).
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5000 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger auch weitere Aufwendungen zu ersetzen, die für die Umrüstung bzw. Ausstattung des Mercedes-Benz E2220 dT, FIN …, des Klägers mit dem Audio 20 GPS – Serienausstattung für das Modelljahr 2018 in der Variante gemäß Bedienungsanleitung der Beklagten für den Herstellungszeitraum April 2017 bis Februar 2018 erforderlich sind.
3. die Beklagte zu verurteilen, ihn von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von Euro 541,44 € freizustellen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass die von dem Kläger beschriebene Variante des Audio 20 GPS ebenso wenig wie die vom Kläger herangezogene Bedienungsanleitung Vertragsbestandteil geworden seien (Blatt 28, 30 der Akte). Auf die im Internet verfügbare Bedienungsanleitung könne sich der Kläger auch nicht berufen, weil im Internet durch sog. Disclaimer darauf hingewiesen werde, dass nur die tatsächlich in dem Fahrzeug vorhandene Bedienungsanleitung Fahrzeugbestandteil sei. Diese solle durch die im Internet verfügbare Betriebsanleitung keinesfalls ersetzt werden (Blatt 30 der Akte).
Hierzu behauptet die Beklagte, dass diese Disclaimer bestätigt und angenommen werden müssen, um an die Bedienungsanleitung im Internet zu gelangen (Blatt 31 der Akte).
Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Umbaukosten unverhältnismäßig zum Nutzen der beschriebenen Funktionen seien (Blatt 30 der Akte).
Für die Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Prozessakte, insbesondere die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.05.2018, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die zulässige auf Zahlung gerichtete Klage ist begründet.
1. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 281 BGB in Höhe von 5.000,00 €.
a) Zwischen den Parteien ist unstreitig ein Kaufvertrag geschlossen worden, der die Beklagte zur mangelfreien Lieferung der Kaufsache verpflichtet (§ 433 BGB).
b) Das streitgegenständliche Fahrzeug war mangelhaft im Sinne des § 434 BGB.
aa) Nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB ist eine Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Sache gem. § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (Nr. 1), sonst wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (Nr. 2). Zu der Beschaffenheit nach Satz 2 Nr. 2 gehören nach § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB auch Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers (§ 4 Abs. 1 und 2 des Produkthaftungsgesetzes) oder seines Gehilfen insbesondere in der Werbung oder bei der Kennzeichnung über bestimmte Eigenschaften der Sache erwarten kann, es sei denn, dass der Verkäufer die Äußerung nicht kannte und auch nicht kennen musste, dass sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in gleichwertiger Weise berichtigt war oder dass sie die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte.
bb) Die Beklagte schuldete die Beschaffenheit des Fahrzeuges mit einem Audio 20 System, das sog. „FLAC“-Music Dateien abspielen kann und bei dem das Display für das Navigationssystem der auf Seite 15 der in Anlage K3 wiedergegebenen Bedienungsanleitung entspricht sowie die Hinterlegung einer Adresse zwecks Navigation wie auf Seite 19 der in Anlage K3 wiedergegebenen Bedienungsanleitung möglich ist. Unstreitig erfüllt das Navigationssystem des Fahrzeugs diese Anforderungen nicht. Es handelt sich nämlich dort um das System Audio 20 GPS NTG 5, nicht um das System Audio 20 GPS NTG 5.5. Dabei kann dahinstehen, ob nach einer Auslegung entsprechend dem objektiven Empfängerhorizont nach Treu und Glauben (§§ 133,157, 242 BGB) bereits von einer vereinbarten Beschaffenheit im Sinne des § 433 Abs. 1 Satz 1 auszugehen ist, oder in Ermangelung einer solchen konkreten Vereinbarung, die übliche Beschaffenheit (nicht) vorliegt, die der Kläger nach den im Internet getätigten Veröffentlichungen der Beklagten gemäß § 433 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 BGB erwarten durfte.
In der Bestellung vom 11.12.2018 ist als Ausstattung des Fahrzeugs auf Seite 3 lediglich die Beschreibung „Audio 20 GPS“ und „Euro 6C Modelljahr 808“ genannt. Da es sich dabei um eine unzweifelhaft von der Beklagten vorformulierte Erklärung handelt, wäre es zunächst an ihr gewesen, bereits an dieser Stelle klarzustellen, um welches konkrete Modell es sich handelt. Da die Beklagte dies nicht getan hat, musste der weitere Inhalt des Kaufvertrages, hinsichtlich des konkreten „Modells“ des Systems anhand weiterer Umstände ausgelegt werden. Jedenfalls war davon auszugehen, dass es sich bei dem Fahrzeug um das Modelljahr 808 handelt, da dieses ausdrücklich erwähnt wird und Anhaltspunkte für ein anderes Modelljahr nicht vorlagen. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig. Ebenso war zu berücksichtigen, dass das Fahrzeug im Oktober 2017 produziert wurde.
Ferner ist zwischen den Parteien unstreitig, dass das sich Modelljahr 808 auf das Jahr 2018 bezieht. Die Beklagte ergänzt hierzu, dass das Modelljahr 808, Änderungsjahr 2017/1 beinhaltet, während das Modelljahr 808+58 das Änderungsjahr 2017/2 beinhaltet. Dass diese Differenzierung den Käufern von möglichen Fahrzeugen bekannt war oder nur bekannt sein konnte ist nicht ersichtlich und wird auch in Bezug auf den Kläger nicht behauptet. Hierauf kommt es allerdings letztlich nicht entscheidend an.
Entscheidend ist vielmehr, dass die Beklagte zum Zeitpunkt des Kaufes eine Bedienungsanleitung im Internet öffentlich zugänglich gemacht hat. Unter anderem für das Modelljahr 4/2017 bis 02/2018 des Systems „Audio 20“. Diese enthält die oben angeführten Funktionalitäten. Dies ist unzweifelhaft und unbestritten so zu verstehen, das der Zeitraum von April bis Februar 2018 gemeint ist. Da das Fahrzeug des Klägers im Oktober 2017 produziert wurde und somit in diesen Zeitraum fällt sowie der Bezeichnung entspricht, wie sie die Beklagte in der Bestellung selbst vorgegeben hat, war kein anderes Verständnis möglich als das es sich um die Anleitung zu dem System des Klägers handelt. Dies muss die Beklagte hinnehmen, die weder in der Bestellung (s. o.) noch auf den von ihr gestalteten Internetseiten eine genauere Differenzierung angegeben hat, obwohl ihr das ohne weiteres möglich gewesen wäre.
Soweit damit nicht bereits die entsprechende Beschaffenheit vereinbart war, weil der Kläger die Angaben in der Bestellung nicht anders verstehen konnte – ohne dass es auf einem abweichenden nicht erkennbaren Willen der Beklagten ankommen würde – ist die Beklagte an die Angaben zumindest gemäß § 434 Absatz 1 Satz 3 gebunden, dessen Voraussetzungen hier vorliegen.
Dies wird nicht, wie von der Beklagten behauptet, durch die Einblendung eines sogenannten „Disclaimer“ ausgeschlossen. Der Kläger hat bestritten, dass ihm ein solcher Disclaimer angezeigt worden ist. Zum Beweis ihrer gegenteiligen Behauptung, dass die Bedienungsanleitung im Internet oder der „App“ nur zugänglich ist, wenn der Kläger bestätigt habe, dass er die Disclaimer gelesen und angenommen habe, bietet die Beklagte jedoch keinen tauglichen Beweis an. Das Beweisangebot auf Seite 4 der Klageerwiderung (Blatt 31 der Akte) „wie zuvor“ bezieht sich auf das vorige Beweisangebot „Beweis Disclaimer, Anlage B 1“. Die Anlage B1 stellt einen abgedruckten Text dar, der offenbar den mit dem Disclaimer angezeigten Text darstellen soll. Der abgedruckte Text, kann aber keinen Beweis dafür bieten, dass dieser dem Kläger auch angezeigt worden ist, was einen technischen Vorgang darstellt für den die Beklagte beweisfällig bleibt.
Der Beklagten wäre es auch ohne weiteres zumutbar, zum genauen Funktionieren und den Voraussetzungen des von ihr benutzten Disclaimers vorzutragen. Insoweit erscheint es zweifelhaft, dass sie – wie in der mündlichen Verhandlung geschehen – die Behauptung des Klägers schlicht bestreitet, dass der Disclaimer lediglich bei Windows-Software funktioniere, er hingegen ein Apple Gerät mit eigener Software benutzt habe. Letztlich kann nur die Beklagte um die technischen Voraussetzungen ihres Disclaimers wissen. Die Angaben des Klägers hierzu sind jedenfalls plausibel.
Die Beklagte hat anders als der Kläger auch keine nachvollziehbare Abfolge von Bildschirmfotografien („Screenshots“) vorgelegt, aus denen man die von ihr behauptete Einblendung von Disclaimern hätte prüfen können. Ferner wäre es auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung möglich gewesen, mit den mobilen Endgeräten der Parteien aufzuzeigen, ob tatsächlich Disclaimer eingeblendet werden. Auch von dieser Möglichkeit wurde von Seiten der Beklagten kein Gebrauch gemacht. Stattdessen hat sich die Beklagte auf die Vorlage des Textes Disclaimers beschränkt und die nachvollziehbaren Angaben des Klägers pauschal bestritten, obwohl ihr näherer Vortrag zu ihren eigenen Internetseiten ohne weiteres möglich gewesen wäre.
Dabei ist dem Gericht nicht entgangen, dass auf Seite 1 der Anlage K3 sich unten ein Text befindet, in dem es unter anderem heißt „eventuell wiederholt Cookies und Disclaimer bestätigen“. Dies lässt jedoch keinen eindeutigen Schluss zu, dass dem Kläger bereits ein Disclaimer angezeigt wurde. Vielmehr kann das Wort „wiederholt“ in diesem Zusammenhang nicht nur bedeuten, dass bereits eine Anzeige erfolgt ist, sondern dass – nicht zwingend, sondern eventuell – erst im weiteren Verlauf noch anzuzeigende Cookies und Disclaimer nicht nur einfach, sondern (eventuell) mehrfach bestätigt werden müssen. Im Übrigen würde selbst erstere Auslegung nicht den sicheren Schluss zulassen, dass bereits eine Anzeige erfolgt ist.
Ob der von der Klägerin behauptete Disclaimer insoweit ausreichend gewesen wäre, kann daher dahinstehen.
cc) Die Einwände der Beklagten, es sei Sache des Käufers, sich im Rahmen einer Probefahrt oder durch sonstige Informationen beim Hersteller/Verkäufer über die konkreten Eigenschaften der Kaufsache zu informieren, greifen nicht durch.
Der Verweis auf eine Probefahrt liegt neben der Sache, weil er nicht im Einklang mit der Lebenswirklichkeit steht. Innerhalb einer regelmäßig kurzen Probefahrt ist es unmöglich, dass sich der Käufer über sämtliche Detailfunktionen eines Kraftfahrzeuges Kenntnis verschafft, gerade bei Premiumfahrzeugen, mit einer Unzahl von Sonderausstattungsmöglichkeiten. Sofern die Beklagte ihren Kunden die Fahrzeuge nicht mehrere Tage vorab zu Prüfung überlassen will – was nach der Lebenswahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist – kann sie den Kunden nicht vorhalten, jede Fahrzeugfunktionalität bis ins allerkleinste Detail prüfen zu müssen. Eine Probefahrt vermittelt nur einen Überblick über das Fahrzeug, wobei die Fahreigenschaften im Vordergrund stehen.
Im Übrigen hat der Kläger sich im Vorfeld des Vertrages auf den Internetseiten der Beklagten über die Detailfunktion des Fahrzeugs Kenntnis verschafft. Darüber hinaus zu verlangen, dass sich der Käufer über jedes Detail ausdrücklich beim Verkäufer erkundigt, ist ebenfalls lebensfremd. Der Käufer verfügt auch regelmäßig nicht über die Kenntnisse, wann welche Details im Rahmen von Modellwechseln und Modellanpassungen eingearbeitet werden. Allein die Beklagte legte dies fest und gibt entsprechende Bezeichnungen vor. Wenn diese so ungenau sind, dass der Leistungsgegenstand dabei nicht erkennbar ist, kann dies nicht in die Sphäre des Klägers verschoben werden. So erschließt sich nicht, woher der Kläger wissen sollte, dass das im Internet beworbene Navigationssystem erst ab November verbaut wurde und nicht bereits im Oktober, in dem sein Fahrzeug hergestellt wurde. Dass ausgerechnet in diesem Monat ein Wechsel erfolgte kann allenfalls der Hersteller und damit die Beklagte wissen. Die Angabe Modelljahr 808 mit Bezug auf das Jahr 2018 lässt dies nicht erkennen. Insbesondere kann der Kläger nicht wissen, dass es auch ein Modelljahr 808+058 gibt. Dabei ist bereits nicht ersichtlich, dass es in den von der Beklagten vorgehenden Bestellformularen überhaupt so detaillierte Bezeichnungen gibt. Es erscheint ebenso möglich, dass bei den Modelljahren nur die Ziffern 808 als „Oberbegriff“ angegeben werden.
Letztlich ist auch der Versuch, das Risiko ungenauer Angaben in den selbst hergestellten und zwingend zu verwendenden Bestellformularen dem Vertragspartner aufzuerlegen mit den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht zu vereinbaren. Dies gilt unabhängig davon, ob der Vertragspartner Verbraucher ist oder nicht. Im Übrigen hat der Kläger bereits mit der Klageschrift vorgetragen, dass der Zusatz „Firma“ in der Rechnung daher rühre, dass er bereits in der Vergangenheit Kunde der Beklagten gewesen sei, als er noch eine Firma betrieben habe. Dies sei zum streitgegenständlichen Kaufdatum hingegen nicht mehr der Fall gewesen. Er habe das Fahrzeug als Verbraucher erworben. Insoweit konnte die Beklagte die Verbrauchereigenschaft auch nicht mit dem pauschalen Verweis darauf bestreiten, dass es in der Rechnung „Firma“ hieß. Dieses Indiz hat der Kläger schlüssig widerlegt, ohne dass die Beklagte dem entgegengetreten ist.
Unabhängig davon müssen aber solche unklaren Formulierungen zulasten des Verwenders gehen, der sich sonst einen Vorteil verschaffen könnte, indem er den Vertragspartner über die Beschaffenheit der geschuldeten Kaufsache im Unklaren lässt und ihm damit die Wahrnehmung von Mängelrechten erschwert oder unmöglich macht. Dies kann unabhängig davon ob dies beabsichtigt ist oder gar systematisch erfolgt – wofür das Gericht vorliegend keinen Anhalt hat – oder schlicht aus Nachlässigkeit geschieht, nicht zugelassen werden. Es wäre für die Beklagte jedenfalls leicht möglich, die konkrete Bezeichnung des vereinbarten Systems nämlich „NTG 5“ in die Bestellung aufzunehmen. Wenn sie dies nicht tut, kann sie die Folgen hieraus nicht auf den Vertragspartner abwälzen, der sich insoweit auf anderweitige Angaben der Beklagten verlassen muss. Woher der Kläger wissen soll, dass es ein Nachfolgemodell „NTG 5.5“ ab November überhaupt gibt, erschließt sich nicht. Insoweit kann ihm auch nicht vorgeworfen werden, dass er sich hierüber nicht zuvor bei der Beklagten erkundigt hat. Dies fällt ausschließlich in deren Wissenskreis.
Nicht entscheidend ist, ob die im Internet vorhandene Bedienungsanleitung Vertragsbestandteil wurde oder die im Fahrzeug befindliche Bedienungsanleitung mangelhaft ist. Vielmehr ist die Betriebsanleitung nur für die Auslegung des Vertrages (sowie) im Rahmen des § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB zu beachten.
c) Der Kläger hat auch erfolglos eine Frist zur Nacherfüllung (§§ 437 Nr. 1, 439 BGB) gesetzt. Mit Anwaltsschreiben vom 02.12.2019 hat er die Beklagte bis zum 13.12.2019 zur Nacherfüllung aufgefordert. Eine längere Frist war nicht zu setzen, zumal die Ablehnung bereits am gleichen Tage vorlag. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass auch diese Fristsetzung bereits nicht erforderlich war, weil die Beklagte auf persönliche Aufforderung des Klägers bereits mitgeteilt hatte, dass kein Mangel vorläge und eine Nacherfüllung zudem unmöglich sei. Dies ist als ernsthafte und endgültige Verweigerung im Sinne des § 281 Abs. 2 BGB aufzufassen. Der Kläger konnte nach dieser Aussage nicht damit rechnen, dass die Beklagte bereit wäre, einen nach ihrer Ansicht nicht vorliegenden Mangel zu beseitigen, besonders wenn dies aus Sicht der Beklagten unmöglich wäre.
d) Die Beklagte handelte auch schuldhaft im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB. Ein Verschulden wird nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet, wenn sich der Schuldner nicht exkulpieren kann. Für eine solche Exkulpation ist vorliegend nichts ersichtlich, zumal die Beklagte die Nacherfüllung auch vorsätzlich verweigert haben dürfte.
e) Dem Kläger ist auch ein Schaden entstanden.
Nach § 249 Abs. 1 BGB hat, wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
Der Verkäufer einer Sache schuldet nach § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB eine mangelfreie Sache und hat diesen Zustand im Wege der Nacherfüllung nach § 439 BGB von Rechts wegen auch nachträglich herzustellen. Dem ist die Beklagte nicht nachgekommen, weshalb sie nunmehr für die Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes im Wege des Schadensersatzes aufzukommen hat.
Hierzu hat der Kläger unstreitig vorgetragen, dass die Kosten einer Mangelbeseitigung bzw. Umrüstung durch Dritte sich voraussichtlich auf 5000 € beliefen. Entsprechend dieser als zugestanden geltenden Behauptung, war die Beklagte zu verurteilen.
f) Weder stand noch steht der Beklagten das Recht zu, die Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 4 BGB ganz oder teilweise zu verweigern. Es ist nicht ersichtlich, dass die eine oder andere Art der Nacherfüllung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist.
Nach § 439 Abs. 1 BGB kann der Verkäufer die von dem Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 BGB verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind nach § 439 Abs. 4 Satz 2 BGB insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. In diesem Fall beschränken sich die Rechte des Käufers nach § 439 Abs. 4 Satz 3 BGB auf die andere Art der Nacherfüllung, wobei das Recht des Verkäufers auch diese unter den Voraussetzungen des Satzes 1 zu verweigern unberührt bleibt.
Es ist nicht ersichtlich, woraus eine Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung folgen soll. Hierzu hat die Beklagte nicht nachvollziehbar vorgetragen. Insbesondere hat der Kläger unbestritten vorgetragen, dass eine Umrüstung des Fahrzeuges durch die Beklagte zum Selbstkostenpreis nur ca. die Hälfte der sonst anfallenden Kosten verursache. Diese Begründung ist ohne weiteres nachvollziehbar und wird von der Beklagten auch nicht in Abrede gestellt, sodass sie nach § 138 Absatz 3 ZPO als zugestanden gilt. Dabei ist ferner zu berücksichtigen, dass bei einer Umrüstung durch die Beklagte, diese das eingebaute System behalten und wiederverwenden, insbesondere veräußern kann. Es ist allgemeinbekannt, dass die Audio- und Navigationssysteme von hochpreisigen Premiumfahrzeugen, wie sie hier in Streit stehen einen erheblichen Wert – auch im gebrauchten Zustand – haben, insbesondere deswegen auch häufig das Ziel von Diebstählen sind. Schon deshalb kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagten erhebliche Kosten entstehen würden.
Tatsächlich wäre aber selbst ohne Berücksichtigung dieses Umstandes die Nacherfüllung nicht unverhältnismäßig, weil es auch insoweit an einem ausreichend substantiierten Vortrag der Beklagten fehlt. Zu den konkreten Tatbestandsmerkmalen der von ihr erhobenen Einwendung nach § 439 Abs. 4 BGB, der insbesondere auf den Wert der Sache im mangelfreien Zustand und die Bedeutung des Mangels abstellt, wird nicht ausreichend vorgetragen. Selbst wenn man unterstellen würde, dass die Kosten 6000 € betragen würden, ohne die richtigerweise zu berücksichtigende Selbstkostenersparnis und den Restwert des eingebauten Systems, ergibt sich bei einem Kaufpreis von knapp 40.000,00 € Unverhältnismäßigkeit nicht ohne weiteres. So trägt die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte zum Wert der Sache im mangelfreien Zustand nichts vor. Vielmehr beschränkt sie sich auf die Behauptung, dass die als Komforteinbuße zu wertende Beanstandung des Klägers, keine FLAC-Dateien abspielen und keine Heimatadresse im Navigationssystem hinterlegen zu können, keinen Austausch des gesamten Systems rechtfertige. Allerdings leuchtet nicht ein, warum die von der Beklagten selbst eingeräumte „Komfortminderung“ keine erhebliche Beeinträchtigung darstellen soll. Gerade bei Premiumfahrzeugen wie sie die Beklagte anbietet ist hoher Komfort eines der Hauptwerbe- und Kaufargumente. Hinsichtlich der FLAC-Dateien fehlt es komplett am Beklagtenvortrag. Hinsichtlich des Navigationssystems wird zwar ausgeführt, dass die Adresseingabe über Sprachbedienung oder per direkter Eingabe erfolgen könne. Dies ist jedoch kein adäquater Ausgleich, weil es für den Benutzer umständlich ist und nicht dem Stand der Technik entspricht, die gewünschte Adresse immer wieder neu einzugeben oder einzusprechen, zumal die Sprachsteuerungssysteme in Kraftfahrzeugen in heutiger Zeit technisch noch nicht einwandfrei und zuverlässig arbeiten, was gleichfalls allgemeinbekannt ist. Dass die Heimatsadresse wie jede andere Adresse auch unter Favoriten gespeichert werden könne, stellt keinen hinreichenden Ersatz dar, weil diese Adresse dann erst aus den Favoriten herausgesucht werden muss – wovon das Gericht mangels nachvollziehbaren Sachvortrag der Beklagten bei lebensnaher Betrachtung ausgeht. Konkreter Vortrag der Beklagten fehlt insoweit, wenn sie nur angibt, dass die Adresse dadurch „schnell“ abrufen werden könne, gleichzeitig aber eine Komfortminderung einräumt. Berücksichtigt man richtigerweise die weit geringeren Selbstkostenpreise und den Vorteil, das alte System behalten zu dürfen, wird man auf dieser Grundlage erst recht keine Unverhältnismäßigkeit annehmen können.
Letztlich spricht gegen eine Unverhältnismäßigkeit der Mangelbeseitigung auch, dass die Beklagte diese zunächst nicht geltend gemacht hat, sondern sich gegenüber dem Beklagten darauf berufen hat, dass kein Mangel vorliege und eine Umrüstung nicht möglich sei. Insbesondere ist nicht erklärlich, wieso statt der angeblichen Unverhältnismäßigkeit die objektiv und unstreitig unrichtige Begründung gegeben wurde, eine Mangelbeseitigung sei nicht möglich. Dass eine Unmöglichkeit im Sinne des § 275 BGB gemeint ist, stellt insoweit die naheliegendste Auslegungsmöglichkeit dieses Vortrags dar, die das Gericht gemäß § 286 ZPO zugrunde legt.
2. Der Zinsanspruch ergibt sich für die Mängelbeseitigungskosten aus §§ 291, 288 Abs. 1, BGB. Ein Anspruch war insoweit lediglich ab Rechtshängigkeit geltend gemacht. Rechtshängigkeit trat einen Tag nach Zustellung der Klageschrift ein (§§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1BGB; vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2017 – XI ZR 555/16, BeckRS 2017, 131350). Die Zustellung erfolgte gemäß Postzustellungsurkunde am 10.01.2020.
3. Der Kläger hat gegen die Beklagte ferner Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 Euro.
Rechtsanwaltskosten sind vorliegend unter dem Gesichtspunkt des Verzuges zu erstatten. Rechtsverfolgungskosten sind gemäß § 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB als adäquat verursachte Verzugsfolge zu erstatten, wenn sie – nach Eintritt des Verzugs – aus Sicht des Forderungsgläubigers zur Wahrnehmung und Durchsetzung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteile vom 8. November 1994 – VI ZR 3/94, BGHZ 127, 348, 350 und vom 23. Oktober 2003 – IX ZR 249/02, NJW 2004, 444, 446). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Denn die Beklagte hat das Mängelbeseitigungsverlangen des Klägers (ernsthaft und endgültig) zurückgewiesen. Die Beauftragung der jetzigen Prozessbevollmächtigten erfolgte erst, nachdem die eigenen Bemühungen des Klägers fruchtlos geblieben waren und Verzug nach § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB eingetreten ist. Die Vergütung errechnet sich aus einem Gegenstandswert entsprechend dem Interesse an der Mängelbeseitigung (5.000,00 Euro zuzüglich Preisunsicherheit) mithin bis zu 6.000,00 Euro (Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 Satz 3 RVG). Hieraus ergibt sich eine Geschäftsgebühr von 460,20 Euro (Nr. 2300 VV-RVG), zuzüglich der Pauschale für Post und Telekommunikation in Höhe von 20,00 Euro (Nr. 7002 VV-RVG) sowie 19 Prozent Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV-RVG) ergibt sich ein Betrag von 571,44 Euro. Von dieser Verbindlichkeit kann der Kläger gemäß § 257 BGB Freistellung verlangen.
III. Auch die Feststellungsklage ist zulässig und begründet.
Der Antrag war im Wege der von dem Gericht vorzunehmenden Auslegung im wohlverstandenen Parteiinteresse unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 308 ZPO dahingehend auszulegen, dass er sich auf die Beseitigungskosten für die vom Kläger konkret gerügten Mängel bezog. Diese waren entsprechend in den Tenor aufzunehmen. Auch die etwas unklare Formulierung „in der Variante gemäß Bedienungsanleitung der Beklagten für den Herstellungszeitraum April 2017 bis Februar 2018“ war aus Gründen größerer Klarheit durch eine konkretere Bezugnahme auf die konkrete Bedienungsanleitung zu ersetzen. Insoweit handelt es sich lediglich um Klarstellungen. Gleiches gilt für die haftungsbegrenzende Zufügung hinsichtlich konkretem Modelljahr und Modellbezeichnung, „[…] (entsprechend dem ab November 2017 produzierten Modelljahr 808+058, Änderungsjahr 2017/2, Audio 20 GPS-System NTG 5.5.)“.
Insbesondere besteht auch ein Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO. Entsprechend den obigen Ausführungen besteht zwischen den Parteien ein Rechtsverhältnis, aus dem die Beklagte Schadensersatz nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 281 BGB schuldet. Dabei besteht die konkrete Wahrscheinlichkeit weiterer Schäden in Form von höheren Umrüstungskosten. Die konkreten Kosten können erst nach Durchführung der Arbeiten beziffert werden. Anderes ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.