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Rücktritt von Gebrauchtwagenkaufvertrag bei Schrottfrisierung des Fahrzeugs

LG Hamburg, Az.: 301 O 201/15, Urteil vom 01.12.2016

1. Der Beklagte wird verurteilt,

a. an den Kläger 42.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.01.2015 zu zahlen, Zug um Zug gegen Herausgabe des Pkw Mercedes Benz GL 350, Kilometerstand: 61.897, Fahrgestell-Nr.: …;

b. an den Kläger 14,10 € zu zahlen;

c. an den Kläger 1.710,51 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.01.2015 zu zahlen;

d. an den Kläger 196,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.04.2016 zu zahlen.

e. Es wird festgestellt, dass der Beklagte sich seit dem 29.01.2015 im Gläubigerannahmeverzug befindet.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 42.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger macht Gewährleistungsrechte nach einem Gebrauchtwagenkauf geltend.

Für die Entscheidung ist nur das Folgende relevant:

Die Parteien stritten darüber, wer Verkäufer des Wagens war. Der Beklagte verteidigte sich gegen die Klaganträge (allein) damit, dass nicht er der Verkäufer gewesen sei, sondern es sei der Kläger gewesen, der ihm das Kraftfahrzeug habe verkaufen wollen, was er aber abgelehnt habe.

Nachdem der Beklagte in der Verhandlung am 10. November 2016 eingeräumt hat, dass er der Verkäufer des Wagens war, ist der Sachverhalt auch insoweit unstreitig geworden.

Der Kläger erwarb von dem Beklagten am 11./12. Dezember 2014 in H. einen Pkw Mercedes Benz GL 350 mit nur mündlichem Vertrag. Es stellte sich nach Übergabe des Kraftwagens herausgestellt, dass es sich um eine sog. Schrottfrisierung handelte (dazu unten), weshalb die Staatsanwaltschaft das Fahrzeug beschlagnahmte und der Beklagte vom Amtsgericht H.- S.. G. am 13. Oktober 2016 wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt worden ist (Az.: …).

Rücktritt von Gebrauchtwagenkaufvertrag bei Schrottfrisierung des Fahrzeugs
Foto: Phrysphotos/Bigstock

Der Kläger, der seine Klage mehrfach umgestellt hat, beantragt zuletzt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 42.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 31.01.2015 zu zahlen, Zug um Zug gegen Herausgabe des Pkw Mercedes Benz GL 350, Kilometerstand: 61.897, Fahrgestell-Nr.: …;

2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger aufgrund von erfolgten Verwendungen unter Verrechnung gezogener Vorteile auf das Fahrzeug 14,10 € zu zahlen;

3. festzustellen, dass der Beklagte sich spätestens seit dem 29.01.2015 im Gläubigerannahmeverzug befindet;

4. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger an außergerichtlichen Anwaltsgebühren den Betrag von 1.710,51 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 31.01.2015 zu zahlen;

5. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 196,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit des Schriftsatzes vom 11.04.2016 an den Kläger zu zahlen.

Der Beklagte, der früher Klagabweisung beantragt hat, hat im Verhandlungstermin am 10. November 2016 keinen Antrag gestellt.

Das Gericht hat die Parteien angehört. Am 10. November 2016 ist eine Entscheidung nach Lage der Akten angekündigt worden. Auf die Protokolle der Verhandlungen vom 18. Februar, 12. Mai, 22. September und 10. November 2016 wird Bezug genommen und wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Rückabwicklung des mündlich geschlossenen Kaufvertrags gemäß §§ 433, 437 Nr. 2, 346 BGB. Mit Schreiben vom 22. Januar 2015 hat der Kläger gemäß § 349 BGB seinen Rücktritt vom Kaufvertrag, den die Parteien am 11./12. Dezember 2014 geschlossen hatten, erklärt. Ein Rücktrittsgrund im Sinne von §§ 433, 437 Nr. 2, 323, 326 Abs. 5 BGB lag vor. Ein erheblicher Mangel des Kraftwagens liegt darin, dass es sich um eine sog. Schrottfrisierung handelt und der Pkw deswegen längere Zeit staatsanwaltlich beschlagnahmt war. Auf die Karosse mit der FIN … waren Teile aus einem in Lettland entwendeten Fahrzeug des gleichen Modells mit der FIN … verbaut worden. Das Fahrzeug hatte bei Gefahrübergang damit nicht die vereinbarte Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 1 BGB und es kann offen bleiben, ob auch die Laufleistung des Kraftwagens (durch den Beklagten) nach unten manipuliert worden war (auf etwa 50.000 km gegenüber wahren 200.000 km). Es liegt allerdings nahe.

Einer vorangehenden Fristsetzung zur Nacherfüllung bedurfte es nicht, weil der vorliegende Mangel sich nicht durch eine Nachbesserung korrigieren lässt; eine Ersatzlieferung ist bei einem Gebrauchtwagenkauf regelmäßig – und so auch hier – nicht möglich (vgl. BGH Urteil vom 12.03.2003, NJW 2008, 1517, Rn 21 – juris).

Die Pflichtverletzung, die in der Lieferung eines Gebrauchtwagens mit dem unbehebbaren Mangel einer sog. Schrottfrisierung liegt, ist auch erheblich im Sinne von § 323 Abs. 5 S. 2 BGB. Sie wäre es allenfalls dann nicht, wenn sich der Mangel allein in einem merkantilen Minderwert des Fahrzeugs auswirkt und dieser weniger als ein Prozent des Kaufpreises beträgt (vgl. BGH a.a.O., m.w.N.). Schon wegen der Beschlagnahme und der Probleme, die dem Kläger bei der Vorführung in der Mercedes-Werkstatt entstanden sind, kann aber von einer bloß unerheblichen Wertminderung des Wagens nicht ansatzweise gesprochen werden, zumal das Fahrzeug nicht auf dem freien Markt veräußerbar und damit praktisch wertlos ist.

Die weiteren Schadenspositionen sind unbestritten geblieben, denn der Beklagte hat sich in seiner Verteidigung lediglich darauf bezogen, nicht der Verkäufer des Wagens gewesen zu sein. Das hat sich als versuchter Prozessbetrug herausgestellt. Der Beklagte lügt und geht mit staatlichen Institutionen und vor allem Gerichten nach Belieben und eigenem Gutdünken um. Konsequenzen fürchtet er offenbar nicht. Im Grunde zu Recht, denn es darf angenommen werden, dass auch die Übersendung dieses wirklich extremen Falles eines Betrugsversuches im Rahmen eines Zivilprozesse an die Staatsanwaltschaft letztlich keine ernsthaften Konsequenzen für ihn haben wird.

Die mündlichen Einlassungen der Beklagtenseite am 10. November 2016 können schon deswegen keine Berücksichtigung finden, weil sie von dem Beklagten selbst als „bloße Vermutungen“ bezeichnet worden sind. Ein Mangel wird (spät) ganz ohne Substanz in Abrede genommen. Alles in allem natürlich nur ein weiterer Versuch des Beklagten, Zeit zu gewinnen.

Annahmeverzug liegt hinsichtlich der Rücknahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs seit dem 29. Januar 2015 gemäß § 295 S. 1 BGB vor, weil der Beklagte an diesem Tag eine Rückabwicklung des streitgegenständlichen Kaufvertrags eindeutig und endgültig ablehnen ließ.

Die vom Kläger bezifferten Kosten, die ihm im Rahmen des Kaufs und der Rückabwicklung entstanden sind, sind schlüssig und dem Grunde und der Höhe nach unbestritten. Sie beruhen auf den §§ 284, 439 Abs. 2 BGB.

Die Zinsansprüche folgen aus §§ 346 Abs. 1, 286, 288 BGB.

Nebenentscheidungen: §§ 91, 709 ZPO.

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