AG Saarbrücken, Az.: 121 C 118/17 (09), Urteil vom 08.11.2017
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerseite.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerseite kann die vorläufige Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 120 % des insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn die Beklagtenseite leistete zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
1. Die Parteien streiten um Ansprüche nach Rückgabe eines Leasingfahrzeugs.
Die Parteien sind über einen Leasingvertrag Nr. … vom 27.9.2011 verbunden, dem Allgemeine Geschäftsbedingungen zugrunde liegen. Unter anderem heißt es darin:
XII. 3. bei Rückgabe muss das Fahrzeug in einem dem Alter und der vertragsgemäßen Fahrleistung entsprechenden Erhaltungszustand, frei von Schäden sowie Verkehrs- und betriebssicher sein. Hinsichtlich der Bereifung hat die Fahrzeugrückgabe grundsätzlich mit Sommerreifen zu erfolgen, die hinsichtlich Größe, Format, Geschwindigkeitsindex dem Stand bei Auslieferung entsprechen. Sollte die Rückgabe dennoch mit bereits zuvor aufgezogenen Winterreifen erfolgen, müssen diese Sommerreifen dem Fahrzeug beigelegt werden.…
4. Bei Rückgabe des Fahrzeugs nach Ablauf der bei Vertragsabschluss vereinbarten Leasingszeit gilt folgende Regelung: entspricht das Fahrzeug bei Verträgen ohne Restwertabrechnung nicht im Zustand gemäß Ziffer 3 und ist das Fahrzeug hierdurch im Wert gemindert, ist der Leasingnehmer zum Ausgleich des Minderwertes verpflichtet. Eine schadenbedingte Wertminderung bleibt außer Betracht, soweit der Leasinggeber hierfür bereits eine Entschädigung erhalten hat. Können sich die Vertragspartner über einen vom Leasingnehmer auszugleichenden Minderwert oder bei Verträgen mit Restwertabrechnung über den Wert des Fahrzeuges (Händlereinkaufspreis) nicht einigen, werden Minderwert bzw. Wert des Fahrzeuges auf Veranlassung des Leasinggebers mit Zustimmung des Leasingnehmers durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen oder ein unabhängiges Sachverständigenunternehmen ermittelt. Die Kosten hierfür trägt der Leasingnehmer. Durch das Sachverständigengutachten wird der Rechtsweg nicht ausgeschlossen.
Der Vertrag bezieht sich auf das Leasingsobjekt Ford Kuga 2.0 TD CI 4 × 4, amtliches Kennzeichen Saarbrücken … … und auf eine Laufzeit von 48 Monaten vom 7. Dezember 2011 bis zum 6. Dezember 2015. Der Fahrzeug Gesamtpreis betrug inklusive Nachrüstung netto 31.398,61 zuzüglich Mehrwertsteuer. Die Höhe der monatlichen Leasingsrate betrug 406,30 € inklusive Summer der Teilraten für nachträgliches Zubehör (Euro 15,73) zuzüglich Mehrwertsteuer. Die Parteien vereinbarten keine Leasing-Sonderzahlung und keine Kaution.
Das Fahrzeug wurde vom Beklagten an ein Autohaus J. GmbH in S. I., D. Straße …, zurückgegeben.
Die Klägerin hat sodann ohne Beteiligung des Beklagten ein Gutachten der Dekra vom 26. Februar 2016 eingeholt, das als Begutachtungszeitpunkt den 1. Februar 2016 angibt.
Das Gutachten der Dekra ermittelt Minderwert in Höhe von netto 3297 € für überdurchschnittliche Beschädigung bzw. Reparaturkosten in Höhe von 3628 €. Das Gutachten beziffert folgende Schäden:
- Verschraubungen an der Schürze, 120 €
- Stoßfänger hinten Lackrisse, beziffert mit Euro 319
- Steinschlag in der Frontscheibe, beziffert mit Euro 1513
- Rad vorne rechts und hinten rechts beschädigt, beziffert jeweils mit Euro 151
- Fahrzeugunterseite Dämmung Stirnband Marderbiss, beziffert mit Euro 118
- Fahrzeugunterseite Marderbiss Dämmung im Bereich der Motorhaube, beziffert mit Euro 97
- Im Innenraum die Türverkleidungen hinten links sowie vorne links mit Kratzern und örtlichen Kerbspuren behaftet, beziffert mit 525 €-50 €,-
- als Fehlteile wurden Pannenzeit, beziffert mit 103 € sowie Serviceheft festgestellt beziffert mit 150 €
Die Klägerin erteilte dann eine erste Abrechnung mit Rechnung vom 6. 20. Februar 2016 und belastete den restlichen Leasingsvertrag mit Euro 13,82 zuzüglich Mehrwertsteuer. Sie berechnete die Rücknahmeschäden mit netto € 3297 sowie die Rückholkosten mit € 211 zuzüglich Mehrwertsteuer. Mit endgültiger Rechnung vom 2.3.2016 rechnete sie den Leasingvertrag erneut ab, weil der Glasschaden separat abgerechnet wurde. Sie stellte darüber dann Rechnung unter Beifügung der Fremdrechnung. Die Einforderung beträgt Euro 3618,37.
Mit Anlage K3 legt die Klägerseite ein Übergabeprotokoll zwischen der Firma Auto J. und der Klägerin vor. Dieses datiert auf den 2. Februar 2016 und weist keine Schäden auf.
2. Die Klägerin behauptet, sie habe das Auto von der Firma Autohaus J. zurücknehmen müssen. Der Beklagte habe das Fahrzeug dort nicht zurückgeben können. Sie behauptet, die im Gutachten der Dekra bezifferten Schäden lägen vor. Sie ist der Ansicht, sie habe das Gutachten-Verfahren ordnungsgemäß durchgeführt.
Die Klägerin beantragt, der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Euro 3618,37 nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit bezahlen.
3. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, das Gutachten sei nicht bindend, da es ohne sein Wissen in Auftrag gegeben worden ist. Die Rückgabe sei am 6.1.2016 an die Fa. Auto J. erfolgt.
Mögliche Schäden, welche das Gutachten feststelle, datierte frühestens auf den 1. Februar 2016, mithin fast einen Monat nach Rückgabe bei der Firma Auto J.. Die Rückgabe bei der Firma Auto J. sei ordnungsgemäß aufgrund des Leasingvertrags erfolgt. Auto J. sei zuständiger Händler der Klägerin. Das Fahrzeug sei bei Übergabe an Auto J. mangelfrei gewesen.
Die Klägerin habe ein ordnungsgemäßes Sachverständigenverfahren durchführen müssen.
4. Das Gericht hat am 27. September 2017 mündlich verhandelt. Es hat die Klägerin auf seine Rechtsansicht hingewiesen. Auf die gewechselten Schriftsätze wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Klage ist (derzeit) nicht begründet.
1. Der Anspruch auf Abrechnung aus dem Leasingvertrag ist derzeit nicht fällig. Denn das zwischen den Parteien vereinbarte Sachverständigen Verfahren wurde bislang nicht ordnungsgemäß durchgeführt.
Zwischen den Parteien wurde die oben genannte AGB mit einbezogen. Darin heißt es:
Können sich die Vertragspartner über einen vom Leasingnehmer auszugleichenden Minderwert oder bei Verträgen mit Restwertabrechnung über den Wert des Fahrzeuges (Händlereinkaufspreis) nicht einigen, werden Minderwert bzw. Wert des Fahrzeuges auf Veranlassung des Leasinggebers mit Zustimmung des Leasingnehmers durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen oder ein unabhängiges Sachverständigenunternehmen ermittelt.
Im hiesigen Fall besteht Streit über die Höhe des Minderwerts des Fahrzeugs. Das von der Klägerseite eingeholte Gutachten erfolgte zwar durch ein unabhängiges Sachverständigenunternehmen, nämlich die Dekra. Allerdings fehlte es an der Beteiligung, Zustimmung und Mitwirkung des Leasingnehmers zu diesem Verfahren. Der Leasingnehmer war weder in die Auswahl des Sachverständigenunternehmens noch in den genauen Gutachtenauftrag oder die Prüfung des Fahrzeugs eingebunden.
Das vom Leasinggeber eingeholte Gutachten erfüllt daher nicht die Mindestanforderungen, welche die zwischen den Parteien vereinbarten Bedingungen ansetzen.
Es lag auch kein Fall vor, in welchem es keines Gutachtens bedürfte. Zwar ist es richtig, dass neben der Höhe der Schäden auch noch Streit darüber besteht, zu welchem Zeitpunkt diese eingetreten sind. Diese Frage wird vom Sachverständigenverfahren nicht erfasst. Gleichwohl sind die vereinbarten Bedingungen so auszulegen, dass zumindest die Frage der Höhe der Schäden über das Sachverständigenverfahren zu lösen ist. Dadurch kann ggf. eine Einigung erzielt werden.
Die Frage ist im Ergebnis gleich zu behandeln, wie die ähnliche Frage im Rahmen des Versicherungsrechts zu § 14 AKB und die dazu ergangene Rechtsprechung, etwa des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg:
„Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die Klage mangels Fälligkeit eines etwaigen weiteren Zahlungsanspruchs aus der Kaskoversicherung (§§ 12 (1) I lit. b), 13 (1) AKB (Anl. B 1) in Verbindung mit § 49 VVG a. F.) abgewiesen, weil die Beklagte in zulässiger Weise die Einrede des Schiedsgutachterverfahrens gemäß § 14 Abs. 1 AKB erhoben hat.“
(Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 13. Januar 2009 – 14 U 176/08 –, Rn. 1, juris)
Auch der Umstand, dass durch das Sachverständigenverfahren der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden soll, ändert nichts an dieser Auslegung; es handelt sich bei der Norm um eine Fälligkeitsvereinbarung und nicht um eine Schiedsabrede.
Der Beklagte hat der Durchführung des Sachverständigenverfahrens auch nicht grundsätzlich widersprochen. Nur in dem Fall, in dem der Leasingnehmer grundsätzlich seine Zustimmung zum Sachverständigenverfahren verweigert, kann eine Fälligkeit der Minderwertforderung ohne Durchführung des Sachverständigenverfahrens angenommen werden.
2. Die Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderung.
II.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 ZPO.
III.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nummer 11, 711 ZPO.