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Gebrauchtwagenkauf – Gewährleistungsausschluss nach Kfz-Reparatur aufgrund von Sachmängeln

LG Berlin – Az.: 33 O 259/11

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Gebrauchtwagenkauf - Gewährleistungsausschluss nach Kfz-Reparatur aufgrund von Sachmängeln
Symbolfoto: Von NDAB Creativity/Shutterstock.com

Mit Formularvertrag vom 12.06.2010 (Anlagen K1, B1) kaufte der Kläger von dem Beklagten das Gebrauchtfahrzeug Mercedes Benz C 200 T mit der Fahrgestellnummer … zu einem Preis von 10.950,00 €. Gemäß den im Computer vor Ausdruck vorgenommenen Eintragungen im Vertragsformular war das Fahrzeug erstmals am 23.07.2011 zugelassen worden, betrug der Tachometerstand 13.550 km und waren am „Stoßfänger vorn“ sowie an der Motorhaube „Kratzer – Nachlackierung“ vorhanden; als „Beruf“ des Klägers war „selbständig als Werkzeugmacher“ eingefügt. Der Vertrag nahm Bezug die von dem Beklagten verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (in Anlage B1), die in Ziffer 6.1 Regelungen zu einem „Ausschluss der Sachmängelhaftung“ enthalten. Zugleich mit dem Kauf vereinbarte der Kläger mit dem Beklagten den Verkauf des Gebrauchtfahrzeugs Golf III mit dem Kennzeichen B-… … (K11).

Das von ihm gekaufte Fahrzeug wurde dem Kläger am 23.06.2010 übergeben; der Kläger unterzeichnete eine so bezeichnete Abnahmeerklärung (Anlage B3).

Anschließend beanstandete der Kläger gegenüber dem Beklagten wiederholt eine Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs. Der Beklagte teilte mit Schreiben vom 15.10.2010 (Anlage B2) an den früheren anwaltlichen Bevollmächtigten des Klägers unter anderem mit, dass bei Fahrzeugübergabe die Motorkontrollleuchte nicht aufgeleuchtet habe und die Lichtmaschine nicht defekt gewesen sei, deren geringere Spannung keinen Defekt darstelle, sich die Spur des Fahrzeugs etwa durch „Anstöße an Bordsteinen“ verstelle, der Nockenwellensensor zwar Öl angezogen haben möge, dies jedoch auf eine leichte, verschleißbedingte Undichtigkeit zurückzuführen sein könne, wodurch der Kabelbaum möglicherweise Öl zur Lambdasonde transportiert habe. Unter dem 22.10.2010 einigten sich die Parteien schriftlich (Anlage B3) auf eine Reparatur des Fahrzeugs gegen Zahlung von 1.000,00 €, wobei der Kläger sämtliche ihm entstandenen Anwaltskosten selbst trage. Schließlich unterzeichnete der Kläger eine schriftliche, unter dem Briefkopf der Firmenbezeichnung „…“ abgedruckte Erklärung (Anlage B4) mit folgendem Inhalt:

„Vereinbarung zwischen Herrn Frank … und Firma … .

(…)

Herr … erhält am heutigen Tage den gemäß Auftrag reparierten o.g. PKW zurück. (…) Das Fahrzeug wurde durch Herrn … in ordnungsgemäßem Zustand abgenommen. Somit sind sämtliche Ansprüche an Firma …, gleich aus welchem Rechtsgrund ausgeglichen. (…)“

Mit anwaltlichem Schreiben vom 18.3.2011 (Anlage K8) forderte der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 31.03.2011 zur Beseitigung näher bezeichneter Mängel auf. Mit weiterem an den Beklagten gerichtetem Anwaltsschreiben vom 03.05.2011 (K9) erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Rücknahme des Fahrzeugs sowie Rückzahlung des Kaufpreises bis zum 16.05.2011.

Mit der Klage begehrt der Kläger nunmehr Rückzahlung des Kaufpreises nebst Schadenersatz.

Der Kläger behauptet, zwar als Werkzeugmacher beruflich tätig, jedoch nie selbständig gewesen zu sein. Bei Abschluss des Kaufvertrags sei er bereits Rentner gewesen. Er sei nie als Unternehmer aufgetreten. Zum Zeitpunkt der Unterzeichnung sei von Beklagtenseite der obere Teil der Vertragsformulars abgedeckt worden. Bei Abschluss des Kaufvertrags sei ihm zugesichert worden, dass das Fahrzeug unfallfrei sei. Bei einer Fahrt am 05.08.2010 habe er – der Kläger – festgestellt, dass der Fahrzeugbetrieb erheblich durch mehrere Mängel beeinträchtigt worden sei. Er habe anschließend das Fahrzeug wiederholt in Fachwerkstätten reparieren und durch Sachverständige untersuchen lassen; außerdem habe er mehrmals den Beklagten aufgesucht, der erfolglose Nachbesserungsversuche unternommen habe. Hinsichtlich der weiteren diesbezüglichen Einzelheiten des Klagevorbringens wird auf die Klageschrift (Seite 3ff.) sowie insbesondere den Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 22.9.2011 (Seite 2ff.) nebst Anlagen (K2 bis K7) verwiesen. Bei der sachverständigen Untersuchung am 15.11.2010 habe sich heraus gestellt, dass auch das „rechte hintere Seitenteil“ nachlackiert worden, eine Nachbesserung aber insoweit nicht möglich sei. Nach dem 01.11.2010 seien ihm – dem Kläger – noch wiederholt durch das Aufleuchten der roten Signallampe am Armaturenbrett Mängel angezeigt worden; der Motorkabelbaum sowie der Nockenwellenversteller seien defekt, der Fahrbetrieb „nur eingeschränkt möglich“ gewesen. Sämtliche von ihm gerügten Mängel seien bereits bei Fahrzeugübergabe vorhanden gewesen. Das Vorgehen auf Beklagtenseite mache deutlich, dass dort die Mängel durchaus bekannt gewesen seien. Für Reparaturen und Gutachterkosten habe er – der Kläger – insgesamt einen Betrag in Höhe von 2.055,15 €, für vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 837,52 € aufgewandt.

Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 13.842,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (13.07.2011) zu zahlen, davon 10.950,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Rückgabe des Kraftfahrzeugs Mercedes Benz C200T, Fahrgestellnr. …, mit dem amtlichen Kennzeichen B-… .

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er behauptet, das Fahrzeug habe vor Übergabe an den Kläger eine neue TÜV- und HU-Plakette erhalten. Dies wäre aber nicht erfolgt, wenn das Fahrzeug zu jenem Zeitpunkt bereits mit den gerügten Mängeln behaftet gewesen wäre. Dem Kläger sei das Abnahmeprotokoll nebst Gebrauchtwagensiegel noch vor Unterzeichnung der Kaufvertragsurkunde übergeben worden. Soweit der Kläger Kosten für Reparaturen aufgewandt habe, die vor einem an ihn – den Beklagten – gerichteten Nacherfüllungsverlangen durchgeführt worden seien, bestehe – nach Ansicht des Beklagten – ohnehin kein Ersatzanspruch.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch gemäß §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB auf Rückzahlung des Kaufpreises oder gemäß §§ 437 Nr. 3, 281, 280, 284 BGB auf Schaden- oder Aufwendungsersatz zu.

Die Geltendmachung etwaiger Ansprüche, die dem Kläger zunächst aufgrund von Sachmängeln des Fahrzeugs im Sinne von § 434 Abs. 1 BGB zugestanden haben könnten, wäre jedenfalls aufgrund der Vereinbarung vom 01.11.2010 ausgeschlossen.

Insoweit kann offen bleiben, ob der Kaufvertrag vom 12.06.2010 einen Verbrauchsgüterkauf im Sinne von § 474 BGB zum Gegenstand hatte. Denn nach § 475 Abs. 1 BGB kann sich der Unternehmer lediglich nicht auf eine solche von §§ 433 bis 435, 437, 439 bis 443 BGB für den Verbraucher nachteilig abweichende Vereinbarung berufen, die vor Mitteilung des Mangels an den Unternehmer getroffen wurde; gemäß § 475 Abs. 3 BGB gilt diese Beschränkung zudem unbeschadet der §§ 307 bis 309 BGB nicht für den Ausschluss oder die Beschränkung des Anspruchs auf Schadenersatz. Mit der Erklärung des Klägers vom 1.11.2010 ist aber zwischen den Parteien eine Vereinbarung erst getroffen worden, nachdem der Kläger dem Beklagten jedenfalls bereits etwaige Mängel hinsichtlich des Aufleuchtens der Motorkontrollleuchte, einer geringeren Spannung der Lichtmaschine, der Fahrzeugspur, des Nockenwellensensors und diesbezüglichen Ölverlusts, des Kabelbaums sowie der Lambdasonde angezeigt hatte. Dies folgt aus dem Schreiben des Beklagten vom 15.10.2010, in dem diese Mängelpunkte ausdrücklich angeführt sind und das schließlich zu der Vereinbarung vom 01.11.2010 geführt hat.

Aus maßgeblicher Empfängersicht konnte und durfte der Beklagte gemäß §§ 133, 157 BGB die Erklärung des Klägers vom 01.11.2010 nur dahin verstehen, dass sämtliche etwaige Ansprüche aufgrund bis dahin gerügter Mängel mit Rücknahme des reparierten Fahrzeugs ausgeschlossen sein sollten. Dies ergibt sich daraus, dass der Kläger zum einen bestätigte, das Fahrzeug „in ordnungsgemäßem Zustand abgenommen“ zu haben, und zum anderen zugleich „sämtliche Ansprüche an Firma …, gleich aus welchem Rechtsgrund ausgeglichen“ seien. Dieses Verständnis der Erklärung des Klägers vom 01.11.2010 ist um so mehr gerechtfertigt, als ihr das Schreiben des Beklagten vom 15.10.2010 voraus gegangen war, in dem dieser ohnedies sämtliche Ansprüche wegen der darin genannten etwaigen Mängel zurückgewiesen und eine Reparatur unter hälftiger Teilung der dafür anfallenden Kosten angeboten hatte.

Trotz entsprechenden gerichtlichen Hinweises gemäß § 139 ZPO vom 11.01.2012 hat der Kläger nicht dargetan, dass nach dem 01.11.2010 weitere, nicht bereits von der Vereinbarung erfasste Mängel aufgetreten wären. Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 20.01.2012 vorgetragen hat, dass ihm nach dem 01.11.2010 noch wiederholt durch das Aufleuchten der roten Signallampe am Armaturenbrett Mängel angezeigt worden, der Motorkabelbaum sowie der Nockenwellenversteller defekt und der Fahrbetrieb „nur eingeschränkt möglich“ gewesen seien, bezieht sich dies auf etwaige Sachmängel, die bereits ausdrücklich Gegenstand des Schreibens des Beklagten vom 15.10.2010 und damit auch der Vereinbarung vom 01.11.2010 waren. Zwar werden in der gutachterlichen Stellungnahme vom 15.11.2010, die der Kläger zur Stützung seines Sachvortrags heran zieht, noch andere Punkte beanstandet. Schon gemäß der gutachterlichen Einschätzung selbst habe sich jedoch insoweit lediglich um Verschleißerscheinungen gehandelt; im Übrigen werden in der Stellungnahme nur „mögliche“ Ursachen der Fehleranzeige aufgeführt.

Soweit sich der Kläger außerdem darauf beruft, es habe sich (wohl: erst) bei der sachverständigen Untersuchung am 15.11.2010 heraus gestellt, dass auch das „rechte hintere Seitenteil“ nachlackiert worden, eine Nachbesserung aber insoweit nicht möglich sei, kommt ein Rücktritt jedenfalls nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB mit Blick darauf nicht in Betracht, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Erstzulassung des Fahrzeugs bereits nahezu neun Jahre zurück lag, das Fahrzeug einen Kilometerstand von 135.500 aufwies und auch schon in der Kaufvertragsurkunde andere Lackmängel vermerkt waren. Es kommt auch in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob dem Kläger – wie er behauptet – bei Kaufvertragsschluss die Unfallfreiheit des Fahrzeugs zugesichert wurde. Denn gemäß der gutachterlichen Stellungnahme vom 15.11.2010, deren Inhalt als Sachvortrag des Klägers heran zu ziehen ist, sei am Fahrzeug „kein reparierter Unfallschaden festzustellen“ gewesen. Ein Schadenersatzanspruch des Klägers ist wegen der beanstandeten Nachlackierung ebenso wenig gegeben. Diesbezüglich fehlt es jedenfalls an konkreten Angaben zum Schaden und zur Schadenshöhe; auch eine Schätzung nach § 287 ZPO ist nicht möglich.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

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